- Kommentare
- kommentiert
Chancenungerechtigkeit
Als Annette Schavan vor fünf Jahren ihr Amt als Bundesbildungsministerin antrat, hatte sie noch eine Vision: Anstelle des Bafög, das einst dazu geschaffen wurde, Studierenden aus einkommensschwächeren Familien den Lebensunterhalt zu finanzieren, sollte die Wirtschaft Stipendien schaffen; dafür sollte sich der Staat künftig mehr um die Förderung die Leistungsbesten unter den Nachwuchsakademikern kümmern. Das Schlagwort, mit dem Schavan damals im Schulterschluss mit der FDP gegen das Bafög zu Felde zog, lautete: Chancengerechtigkeit! Gerecht sei, so das Credo, wenn der, der mehr leisten könne, auch dafür belohnt werde.
Heute hat Schavan den Koalitionspartner, mit dem sie ihre Vision umsetzen könnte. Doch nicht nur die Wirtschaftskrise machte dem Vorhaben eines nationalen Stipendienprogramms für die leistungsbesten Studenten einen Strich durch die Rechnung – das gesellschaftliche Klima insgesamt hat sich geändert. Die Mittelschicht erodiert. Im Zentrums dieser Gesellschaft wächst damit parallel zur Angst vor dem sozialen Abstieg die Kritik an der Bevorteilung derer, die eh schon im Vorteil sind. Es gibt dafür noch keinen Begriff, aber die Formulierung »Chancenungerechtigkeit« kommt ihm schon sehr nahe.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.