Auch bei vorhandener Etagengasheizung ist der Mieter zur Duldung verpflichtet

Fernwärmeanschluss

  • Lesedauer: 3 Min.
Als eine Mietwohnung, die bereits mit einer Gasetagenheizung ausgestattet ist, an das Fernwärmenetz mit zentraler Warmwasserversorgung angeschlossen werden sollte, widersprach der Mieter. Er vertrat die Ansicht, dass der Anschluss an das Fernwärmenetz nicht zu einer Erhöhung des Wohnwerts führe.
Darüber hinaus bestritt er, dass durch die vom Vermieter geplante Maßnahme Heizenergie eingespart oder Kosten für die Beheizung der Wohnung reduziert würden. Als der Vermieter daraufhin beim Amtsgericht auf Zustimmung klagte, wurde er abgewiesen, doch der Streit kam vor das Landgericht, welches das Urteil aufhob und den Mieter zur Duldung verurteilte. Die dagegen vom Mieter eingelegte Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) blieb auch ohne Erfolg.

Der BGH begründete seine Entscheidung damit, dass es bei solchen Maßnahmen nicht darauf ankomme, ob bei der Beheizung konkreter einzelner Wohnungen Energie eingespart oder die vom Mieter zu tragenden Heizkosten reduziert würden, es gehe generell um die Einsparung von Energie. Obwohl die Ansicht des Mieters zutreffend sei, dass der Anschluss an das Fernwärmenetz nicht zu Verbesserungen für ihn führten, liegen dennoch die Voraussetzungen für eine generelle Einsparung von Heizenergie (§ 554 BGB) vor.

Der Sachverständige im Berufungsverfahren habe ohne Rechtsfehler festgestellt, dass der Wirkungsgrad bei der Erzeugung von Fernwärme deutlich günstiger sei als der Wirkungsgrad einer Gasetagenheizung. Beim Fernwärmelieferanten könne mit der gleichen Menge von Primärenergie mehr Heizenergie erzeugt werden. Die Vorschrift des § 554 BGB (Duldung von Modernisierungsmaßnahmen) sei dahin auszulegen, dass Maßnahmen zur Reduzierung des Verbrauchs von Primärenergie (beim Fernwärmelieferanten) durch Mieter zu dulden seien. Auch die Mietrechtsreform 2001 habe die Zustimmungsverpflichtung der Mieter im Hinblick auf Maßnahmen zur Einsparung aller Arten von Energie erweitert. Diese Erweiterung entspräche dem gesetzgeberischen Ziel der Mietrechtsreform, volkswirtschaftlich und ökologisch sinnvolle Modernisierungsmaßnahmen zu fördern.

Bei dieser Auslegung komme es somit nicht auf die Interessen des einzelnen Mieters an, dass er Heizenergie oder Kosten für die Beheizung der Wohnung einspare, sondern vorrangig auf die volkswirtschaftlichen und umweltpolitischen Interessen an der Einsparung von Primärenergie. Der Mieter sei nach Meinung des BGH dennoch nicht schutzlos gestellt, schließlich würden seine Interessen durch die Härteklausel des § 554 Abs. 2 Satz 2 BGB ausreichend gewahrt. Im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung werde auch die finanzielle Belastung des Mieters berücksichtigt.

Im Zusammenhang mit dem Recht der Mieter, bei Härtefällen einer Mieterhöhung zu widersprechen, kommt es nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nur auf die mögliche Mieterhöhung nach § 559 BGB (Kostenumlage nach Modernisierungsmaßnahmen) an, bei einer Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete gelte das nicht.

Der Anschluss einer Mietwohnung an ein aus Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung gespeistes Fernwärmenetz sei auch dann eine Maßnahme zur Einsparung von Energie, wenn betroffene Wohnungen bereits mit einer Gasetagenheizung ausgestattet sind. Die Verpflichtung des Vermieters, den Mietern vor Modernisierungsmaßnahmen mitzuteilen, wie hoch die Umlage nach Abschluss der Arbeiten ausfallen wird, (siehe § 554 Abs. 3 BGB) bezieht sich nur auf die Mieterhöhungen durch Modernisierungsmaßnahmen, nicht aber auf eine Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete. Wohnungen die an Fernheiznetze angeschlossen sind, werden in Mietspiegeln nämlich anders bewertet als Wohnungen ohne diese Heizungen. Vermieter dürfen also nicht zwei verschieden begründete Mieterhöhungen für eine Modernisierungsmaßnahme verlangen. Bei der Frage, ob die Kosten einer Modernisierung für den Mieter eine unzumutbare Härte darstellen, kommt es nur auf die dadurch verursachten Mieterhöhungen an, nicht jedoch auf eine mögliche Erhöhung der Vergleichsmiete nach § 558 BGB, weil sich der Wohnwert erhöht hat.

BGH-Urteil vom 24. September 2008. Az. VIII ZR 275/07. Ausführliche Veröffentlichung in »MieterEcho« Nr. 332

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.