Streit um den Datenschutz
Koalition uneins über Gesetzentwurf / ELENA soll gestoppt werden
Das Thema könnte zu einem weiteren Sargnagel für die schwarz-gelbe Koalition werden: der Arbeitnehmerdatenschutz. Eigentlich sollte das neue Gesetz noch vor der Sommerpause beschlossen werden, nun sieht es jedoch nach weiterem heftigen Streit aus. Die FDP kritisierte am Wochenende im »Spiegel« »gravierende Mängel« im vorliegenden Entwurf des Bundesinnenministeriums, und auch die Union ist laut Aussagen aus der Fraktion nicht glücklich damit.
Als besonders problematisch sehen es die Liberalen an, dass nicht genau geklärt sei, »unter welchen Voraussetzungen« Arbeitnehmer künftig vom Arbeitgeber überwacht werden dürften. Das sieht der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar ähnlich. Der Gesetzentwurf lasse Arbeitgebern weitgehend freie Hand für die Überprüfung von Mitarbeitern und Neubewerbern. So könnten Unternehmer auf sämtliche Informationen aus dem Internet zugreifen, egal ob aus sozialen Netzwerken wie Facebook und Co. oder aus Selbsthilfeforen. Auch Telekommunikationsdaten dürften künftig offiziell zur Überwachung von Arbeitnehmern abgeglichen werden. So könne der Arbeitgeber herausfinden, ob und welche Mitarbeiter Kontakte zu Journalisten und/oder Geschäftspartnern unterhielten.
Genau diese Praxis hatte jedoch erst zur Gesetzesinitiative geführt: Als in den vergangenen Jahren bekannt wurde, wie Lidl, Telekom und Bahn Mitarbeiter ausspähten und sogar deren Krankengeschichten dokumentierten, ging ein Aufschrei nach mehr Schutz der Arbeitnehmerdaten durch das Land. Ein diesbezüglicher Gesetzentwurf stand deshalb weit oben auf der Agenda der Koalitionäre. Nun scheinen aber alle Beteiligten mit dem Erreichten unzufrieden.
Auch über das bereits seit 1. Januar 2010 elektronische Daten sammelnde ELENA-Verfahren gibt es Unklarheit: Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) will die flächendeckende Datenspeicherung nun sogar wegen »explodierender« Kosten auf unbestimmte Zeit aussetzen, das sagte er dem »Handelsblatt« (Montag). Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hält einen Stopp ebenfalls für angeraten, bis die Kostenfrage geklärt sei. Besonders für kleine und mittlere Unternehmen sei ELENA eine deutliche Belastung.
Auch die Kommunen fürchten enorme Mehrkosten: Sie gehen inzwischen von mindestens drei Milliarden Euro aus, die sie tragen müssen. Statt mit 10 Euro schlage die digitale Signatur für jeden Arbeitnehmer mit 80 Euro zu Buche. Diese Zahlen bestätigte die Regierung zwar nicht, räumte jedoch ein, dass ELENA den geplanten Kostenrahmen überschritten habe. Falls die Probleme nicht schnell gelöst werden könnten, werde auch das CDU-geführte Arbeitsministerium einem Stopp zustimmen, sagte ein Sprecher am Montag.
Datenschützer, Oppositionsparteien und viele Arbeitnehmer wird das freuen. Sie kritisierten ELENA zwar aus ganz anderen Gründen, dennoch dürften sie froh über den geplanten Stopp sein; bedeutet er doch, dass zunächst keine weiteren Daten über Beschäftigte gesammelt beziehungsweise verwertet werden können. ELENA sollte nach dem Willen der Regierung Bescheinigungen aus Papier ersetzen und die Kommunikation der Behörden untereinander vereinfachen. Datenschützer fürchten aber einen weiteren Schritt auf dem Weg zum »gläsernen Arbeiter«. Vor dem Bundesverfassungsgericht ist derzeit noch eine Sammelklage von fast 22 000 ELENA-Gegnern anhängig. Kommentar Seite 4
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