Wirtshäuser bald ohne blauen Dunst
Per Volksentscheid stimmte eine Mehrheit der Bayern für ein striktes Rauchverbot in Kneipen und Festzelten
Ab dem 1. August dieses Jahres gilt in Bayern das strengste Rauchverbot der Republik. Wieder einmal. Bereits im Januar 2008 hatte die damalige CSU-Regierung den strikten Nichtraucherschutz in ein strenges Gesetz gegossen. Doch da die Christsozialen ihre darauf folgenden Wahlniederlagen auch als Rache der Raucher interpretierten, wurde das Gesetz verwässert. Damit ist nun Schluss, denn rund 61 Prozent der Wähler hatten beim Volksentscheid am Sonntag für ein totales Rauchverbot in der Gastronomie gestimmt. Somit wabert zukünftig kein blauer Dunst mehr durch Kneipen, Wirtshäuser oder Festzelte. Das Referendum war möglich geworden, weil im Dezember mehr als 1,3 Millionen Bayern das Volksbegehren »für echten Nichtraucherschutz« unterzeichneten. Damit war das für einen solchen Volksentscheid notwendige Quorum um beinahe 500 000 Stimmen übertroffen worden. Trotzdem kam das eindeutige Votum der Bayern für viele überraschend: Eine Umfrage im Vorfeld hatte ein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen vorausgesagt. Letztendlich könnte auch die geringe Wahlbeteiligung eine Rolle gespielt haben: Lediglich 37,7 Prozent der Wahlberechtigten hatten sich am Referendum beteiligt.
Der Wahlausgang ist auch ein Denkzettel für die regierende CSU/FDP-Koalition in München. Erst 2009 hatte Schwarz-Gelb zahlreiche Lockerungen beim Rauchverbot durchgesetzt. Seitdem galten Ausnahmeregelungen, die das Rauchen in abgetrennten Bereichen von Kneipen und Wirtshäusern wieder erlaubten. SPD und Grüne hatten dies scharf kritisiert und das Volksbegehren unterstützt. Gleichwohl hatte es die CSU im Vorfeld der Abstimmung vermieden, eindeutig Position zu beziehen. Während die FDP für eine Beibehaltung der gelockerten Regelungen plädierte. Nach Bekanntwerden der Ergebnisse kam deshalb scharfe Kritik von Seiten der Liberalen. So warf die bayerische FDP-Generalsekretärin Miriam Gruß der CSU vor, die gemeinsam beschlossenen Regelungen nicht verteidigt zu haben. »Leider haben sich nicht alle Koalitionspartner so für das gemeinsam verabschiedete Nichtraucherschutzgesetz eingesetzt wie die FDP«, betonte sie. CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer zeigte sich unbeeindruckt: Er habe zwar gegen die Verschärfung gestimmt, aber immer gesagt, »dass wir mit beiden Ergebnissen leben können«.
Ungeteilter Jubel hingegen bei den Initiatoren des Volksentscheides. So sagte der Sprecher des Aktionsbündnisses Nichtraucherschutz, Sebastian Frankenberger, am Montag: »Das Volk hat in Bayern so eindeutig gesprochen mit 61 Prozent, dass es auch deutschlandweit so sprechen würde«. Frankenberger, der auch der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) angehört, zeigte sich zuversichtlich: »Überall stecken Volksinitiativen, Volksbegehren in den Kinderschuhen.« Zugleich ermahnte er die Bundesregierung, den Nichtraucherschutz »sehr einfach« über den Arbeitsschutz zu regeln und damit bundesweit für ein ausnahmsloses Rauchverbot in der Gastronomie zu sorgen.
Ein Sprecher von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) wies die Forderungen umgehend zurück. Dem Minister liege der Gesundheitsschutz zwar am Herzen, so der Sprecher, doch entsprechende Regelungen seien Sache der Länder.
Kommentar Seite 4
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.