Hungerstreik von Fariñas macht Schlagzeilen
Pünktlich zum Besuch des spanischen Außenministers in Kuba meldet sich ein Regierungsgegner
Nach Auskunft der behandelnden Ärzte in der Stadt Santa Clara, rund 250 Kilometer von Havanna entfernt, ist der Zustand des 48-Jährigen inzwischen kritisch, obgleich der Patient im Krankenhaus wieder mehrere Kilo zugenommen hat. Fariñas hatte sich Mitte März in stationäre Betreuung begeben. Der Psychologe Fariñas war Ende Februar in Hungerstreik getreten, einen Tag nach dem Tod des inhaftierten Orlando Zapata. Dieser hatte sich als politischer Gefangener bezeichnet, obgleich die kubanischen Behörden nachweisen konnten, dass er wegen strafrechtlicher Delikte verurteilt war. Zapata starb nach 85 Tagen Hungerstreik, sein Tod wurde von antikubanischen Kräften weltweit für Angriffe gegen die sozialistische Führung genutzt. Nach Informationen diplomatischer Quellen in Brüssel drängen vor allem Polen, Tschechien und Deutschland in der Arbeitsgruppe Lateinamerika des EU-Rats darauf, die Position gegen Kuba nachhaltig zu verschärfen – was von der spanischen Ratspräsidentschaft jedoch verhindert wurde.
Fariñas setzte nach Zapatas Tod dessen politische Kampagne fort. Er fordert nach wie vor die Freilassung von mehreren Dutzend Regierungsgegnern, die wegen ihrer Zusammenarbeit mit den USA zu Gefängnisstrafen verurteilt wurden. Fariñas' Engagement für die Kollaborateure taucht seit Anfang dieser Woche, pünktlich zum Besuch des spanischen Außenministers Miguel Ángel Moratinos in Havanna, wieder in den internationalen Schlagzeilen auf. Fast stündlich versorgt die professionelle Sprecherin von Fariñas, Licet Zamora, die internationalen Korrespondenten in Havanna mit Nachrichten: Nein, Fariñas werde seinen Hungerstreik trotz der alarmierenden Prognose der Ärzte aufrechterhalten. Ja, er hoffe darauf, dass Moratinos das Thema anspricht.
Die Regierung konterte Anfang dieser Woche. In einem ausführlichen Interview mit der staatlichen Tageszeitung »Granma« schilderte der behandelnde Arzt Armando Caballero den Kampf der kubanischen Mediziner um das Leben des »Patienten«, wie Fariñas in dem Interview durchweg genannt wird. Er bekomme Aminosäuren und Mineralstoffe verabreicht, um den Stoffwechsel aufrecht zu erhalten.
Auch wenn sich der Zustand von Fariñas nach seiner Einlieferung in das Universitätskrankenhaus Arnaldo Milián Castro von Santa Clara am 11. März zunächst verbessert habe, steige aufgrund der Mangelernährung grundsätzlich die Gefahr von Bakterien- und Pilzinfektionen. Dies sei nun bei dem Patienten der Fall, führte der Mediziner Caballero aus, um anzufügen: »Der Kampf um sein Leben ist unsere Pflicht.«
Bereits vor mehreren Wochen hatte Fariñas gegenüber dem dpa-Korrespondenten in Havanna, Vicente Poveda, erklärt, dass er hervorragend behandelt werde und dass sich ein »ranghoher Vertreter« des kubanischen Staates darum bemüht habe, ihn zu einem Ende seiner lebensgefährlichen Aktion zu bewegen. Eine Zwangsernährung von Hungerstreikenden, so war damals schon in der »Granma« zu lesen, lehne Kuba – anders als die USA im Umgang mit ihren politischen Gefangenen in Guantánamo – aus ethischen Gründen jedoch ab.
Wie der Vorsitzende der nicht-offiziellen Kubanischen Kommission für Menschenrechte und Nationale Versöhnung, Elizardo Sanchez, jetzt der Nachrichtenagentur AFP erklärte, sei die Zahl der inhaftierten Regierungsgegner im Lande so niedrig wie noch nie.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.