Lateinamerika hängt beim Umweltschutz hinterher
Weltumweltprogramm UNEP stellte Expertenbericht vor
Die Staaten Lateinamerikas und der Karibik tun immer noch zu wenig für den Umweltschutz. Dabei verfügen sie einem neuen Bericht zufolge über die notwendigen Ressourcen, um die endemische Armut und wirtschaftliche Unterwicklung wirksam zu bekämpfen.
Renommierte Experten aus der Region haben sich in ihrem »Umweltausblick für Lateinamerika und die Karibik« mit ökologischen Entwicklungsansätzen auseinandergesetzt, die die Ausrottung der Armut unterstützen. Menschen, die der Armut entfliehen wollten, brauchten saubere Luft, sauberes Wasser und sichere Lebensmittel, sagte die stellvertretende Regionaldirektor des Weltumweltprogramms UNEP, Mara Murillo.
Die Autoren des Berichts weisen darauf hin, dass 189 Millionen Menschen beziehungsweise 35 Prozent der lateinamerikanisch-karibischen Bevölkerung in Armut leben, 14 Prozent sogar in extremer Armut. Historisch betrachtet basiere die wirtschaftliche Entwicklung der Länder »auf der Lieferung von Lebensmitteln, Rohmaterialien und Bodenschätzen«. Wirtschaftswachstum, soziale Zersplitterung und Umweltzerstörung gingen Hand in Hand, mit einer deutlichen Tendenz zunehmender Einkommenskonzentration und rückläufiger gleichmäßiger Verteilung der Zuwachsgewinne, heißt es in dem Report.
Die wenigen Auflagen für die Ausbeutung von Bodenschätzen in vielen Ländern würden den zunehmenden umweltpolitischen Spannungen nicht gerecht. Antonio de Liso vom Zentrum für Umweltstudien der Zentralen Universität Venezuelas vertritt die Ansicht, »die Staaten haben mehr getan, um ihre Ressourcen an den Mann zu bringen, als eigene nachhaltige Modell zu entwickeln, um aus der Armut heraus zu kommen.« So hätten sich Venezuela, Chile und Paraguay lediglich auf den Export von Erdöl, Kupfer respektive landwirtschaftliche Produkte konzentriert, meinte der Professor.
Laut dem Bericht machten Rohstoffe 73 Prozent der regionalen Exporte aus. Dabei ist die Bevölkerung in den letzten 40 Jahren um 51 Prozent gewachsen, vor allem in urbanen Ballungsräumen mit mangelhafter Stadtentwicklung und Planung. Der Wasserverbrauch stieg in nur 15 Jahren um fast drei Viertel, der Stromverbrauch vervierfachte sich in den vergangenen 35 Jahren.
In der zunehmenden ungeplanten Urbanisierung sieht Mara Murillo eine der dringlichsten Herausforderungen der Region, zusammen mit dem Rückgang der Waldflächen – auch wenn die Abholzung sich verlangsamt hat – und der Anfälligkeit für die Folgen des Klimawandels. Die Autoren des von UNEP am 14. Juli vorgestellten Berichts fordern einerseits ein neues Verständnis nachhaltiger Ansätze für Umwelt und Gesellschaft als Grundvoraussetzung für gesunde wirtschaftliche Entwicklung. Gleichzeitig warnen sie aber auch, dass einiges, was zur Erreichung der Millenniumsziele der Vereinten Nationen und anderer Umweltrichtlinien getan wurde, »kontraproduktiv sein kann«. Die Experten verweisen auf »die zunehmende Produktion von Biotreibstoffen im großen Stil, vorwiegend für den Export«, die Land und Wasser verschlinge und so die Lebensmittelversorgung der lokalen Bevölkerung und die Artenvielfalt gefährde. De Lisio zufolge muss es zunächst darum gehen, die lateinamerikanisch-karibische Wirtschaft anzukurbeln und die regionale Armut zu bekämpfen. Es müssten dauerhaft Arbeitsplätze für die Menschen vor Ort geschaffen, lokale Fähigkeiten berücksichtigt und Energie effizient genutzt werden, »so dass die Arbeitsplätze die Kompetenz der Bevölkerung steigern und es dem Umweltschutz dient«.
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