Ein Weltreisender in Sachen Bier
Berlins dienstältester Braumeister Ulrich Wappler kreierte auch das »Aubi«
Zufrieden lächelnd hält Ulrich Wappler ein Glas voller Bier vor eine brennende Kerze. »Schauen Sie nur, wie das funkelt«, freut er sich. »So muss ein gutes Bier aussehen.« Der 74-Jährige sitzt am Stammtisch einer seiner letzten Arbeitsstätten, der Gasthausbrauerei im Einkaufszentrum »Berlin Carré« am Berliner Alexanderplatz. Die Schaubrauerei mitten im Lokal wurde nach Wapplers Plänen mit kupferner Sudpfanne gebaut. Dort sorgte der Altmeister in Sachen Braukunst bis 2004 auch für die richtige Mischung des Suds. »Ich bin Berlins dienstältester Braumeister«, sagt er, und nimmt einen guten Schluck.
Noch immer gerät er ins Schwärmen, wenn es um ein »anständig hergestelltes Bier« geht. Darunter versteht Wappler etwas im Grunde ganz Einfaches: »Es muss bekömmlich sein und darf keine Kopfschmerzen bereiten, auch wenn man mal etwas mehr genossen hat.« Obendrein sei Bier gesund und die reine Nervennahrung. Der Bierbrauer zählt die Zutaten auf: »90 Prozent gutes Wasser, dazu eine hervorragende Braugerste, Spitzenhopfen und Bierhefe.« Hefe enthält nach Meister Wapplers Erfahrung sämtliche B-Vitamine, Hopfen wirkt beruhigend. Offiziell hat Wappler seinen Beruf mit 68 Jahren beendet, doch bis heute ist der diplomierte Braumeister wegen seiner Erfahrungen nicht nur im Inland gefragt. Er ist Weltreisender in Sachen Bier.
Gerade kam er aus der Mongolei. Nach acht Stunden Flug und sechs Stunden Zeitunterschied krempelt der 74-Jährige in der Hauptstadt Ulan Bator die Ärmel hoch, um anzupacken und den dortigen Brauern zu verraten, wie eine seiner Spezialitäten gemischt wird – das »Stralauer Cupfer«. Seine typische Farbe erhält der Trunk durch verschiedene Malzsorten, verrät er. Den dafür notwendigen Hopfen holt er aus der Umgebung von Tettnang nahe des Bodensees. Zum Kauf von Filteranlagen fährt Wappler nach Italien, Hefe bezieht er aus Berlin – von der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei (VLB). Wappler weiß eben, wo Hopfen und Malz noch nicht verloren sind. »Ich war 54 Jahre hauptberuflich Brauer«, sagt er stolz.
Gleich nach der Schule war für den 14-jährigen Wernesgrüner klar: »Ich will lernen, wie man Bier braut.« In seiner Heimatstadt absolvierte er in der Grenzquell-Brauerei eine Lehre zum Brauer und Mälzer. 1954 zog es Ulrich Wappler nach Berlin zu Bürgerbräu. Im Herbst desselben Jahres wechselte er zur Engelhardt-Brauerei in Stralau, wo er später die Versuchsbrauerei leitete, die inzwischen im Deutschen Technikmuseum in Kreuzberg zu sehen ist. »Wenn ich mir die heute anschaue, kommen mir vor Rührung die Tränen«, bekennt er.
Weitere Stationen seines Berufslebens: das weißrussische Brest zwecks Hopfenforschung und die ukrainische Stadt Nikolajew. Außerdem Sapporo und Bukarest. Und 1989 ging es mit einer Delegation nach Pjöngjang, um sein »Aubi« auch den Nordkoreanern schmackhaft zu machen. Für Nichtkenner: Hinter »Aubi« verbirgt sich das »Autofahrerbier«, von Ulrich Wappler in der Engelhardt-Brauerei in Stralau kreiert. »Anfang der 1970er Jahre erhielten wir den Auftrag, ein alkoholfreies Bier für Autofahrer zu entwickeln«, berichtet der aus einer alten Wernesgrüner Brauerfamilie stammende Wappler. So kam nach eineinhalb Jahren Entwicklungszeit 1972 das »Aubi« auf den DDR-Markt. Unter dem Namen »Foxy Light« wurde der alkoholfreie Trunk nach Michigan in den USA exportiert, »Berolina« hieß das Alkoholfreie in England.
Bis zur Schließung der Stralauer Engelhardt-Brauerei 1991 wurde das alkoholfreie Bier produziert. Seit 1998 ist »Aubi« eine geschützte Marke der Privatbrauerei Metzler im thüringischen Dingsleben. »Alkoholfrei darf ein Bier genannt werden, das weniger als 0,5 Prozent Alkoholgehalt hat. Das kommt daher, dass auch Obstsäfte eine stille Gärung haben und damit einen leichten Alkoholanteil«, erläutert der Braumeister.
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