Der Bagger kam im Morgengrauen

Projekt »Stuttgart 21«: Erste Abrissarbeiten am Bahnhof / Zustimmung in der SPD bröckelt

  • Lesedauer: 2 Min.

Stuttgart (ND-Martin). Der frühe Vogel fängt den Wurm: Das scheint das Motto für die Abrissarbeiten am Stuttgarter Hauptbahnhof zu sein. Nachdem schon die Bauzäune vor 14 Tagen in der Nacht aufgestellt worden waren, rollte gestern der erste Bagger um 5:45 Uhr unter Polizeischutz an. Die Aktion dürfte die Protestaktionen gegen das Milliardenprojekt »Stuttgart 21», also die Verlegung des Bahnhofes unter die Erde, anheizen.

Das Anrücken von Bagger, Lastwagen und Containern in den Morgenstunden führte zu kurzzeitiger Aufregung. Vier S21-Gegner versuchten, die Baufahrzeuge zu blockieren. Der Mann und die drei Frauen wurden weggetragen und bekommen nun eine Anzeige wegen des Verdachts der Nötigung, heißt es in einer Polizei-Mitteilung. Außerdem stelle man ihnen die Einsatzkosten in Rechnung.

Die Abrissarbeiten selbst gestalteten sich dann wenig spektakulär: Der Bagger brach ein Vordach am Nordflügel des unter Denkmalschutz stehenden Bonatzbaues ab. Das war's für den Tag. Für S21-Gegner Matthias von Herrmann eher eine gute Sache: »Das Dach gehörte ursprünglich sowieso nicht zum Gebäude.« Von Herrmann ist Sprecher der Parkschützer, eine Initiative, die vor allem die mehr als 280 Bäume im Stuttgarter Schlosspark retten will, die für Stuttgart 21 gefällt werden sollen.

Doch zunächst geht es den S21-Gegnern um die Rettung des Bahnhofsbaus. Sie setzen auf die Landtagswahl am 27. März. Zumindest in der Region Stuttgart dürften die S21-Verfechter CDU, SPD, FDP mit einer Quittung für ihre Haltung rechnen. In der SPD bröckelt die Zustimmung allerdings. Kürzlich haben sich 50 Sozialdemokraten für einen Baustopp ausgesprochen. Dass sich dem jetzt noch zwei Stuttgarter Landtagskandidaten anschlossen, sorgt in der Landespartei für gehörigen Ärger. Für Parkschützer von Herrmann ein gutes Zeichen: »Das wäre vor drei Wochen noch nicht denkbar gewesen. Unser Protest zeigt Wirkung.«

Wann der Abriss des Nordflügels weitergeht, ist unbekannt. »Wir rechnen in den nächsten Tagen damit«, so von Herrmann. Auch die Sprecherin des Bahnprojektes Ursula Eickhoff kann nicht weiterhelfen: »Den exakten Zeitplan weiß ich nicht.« Wen könnte man da fragen? Eickhoff: »Ich bin die Sprecherin.«

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