Absturz einer Fluglinie

Mexicana muss Insolvenz anmelden – schuld sind Misswirtschaft und Krise

  • Andreas Knobloch
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Fluggesellschaft Mexicana, eine der ältesten Airlines der Welt, steht vor dem Bankrott. Schuld sollen zu hohe Löhne bei Piloten und Angestellten sein. Dies zumindest möchte die Firma die Welt glauben machen.

Mitte vergangener Woche einigten sich die Nuevo Grupo Aeronáutico (NGA), zu der neben Mexicana auch die Billigfluglinien Click und Link gehören, und die Gewerkschaften ASPA (Piloten) und ASSA (Frachtpersonal) auf eine Beteiligung der Angestellten an Aktien des Unternehmens im Tausch gegen Lohnverzicht. ASSA besteht aber weiter auf Garantien und Informationen über den Wert der angebotenen Aktien, da sie befürchtet, diese könnten langfristig nichts mehr wert sein, beispielsweise wenn das Unternehmen pleite geht. Ziel sei es nicht, die Angestellten zu Aktionären machen, sondern deren Arbeitsplätze und damit Einkommensquelle zu erhalten, so die Gewerkschaft. Sie rief Mexikos Regierung auf, zur Rettung der Airline beizutragen.

Zuvor hatte die Unternehmensführung die vorläufige Einstellung aller Lohnzahlungen verkündet und damit den Druck auf die Arbeiter erhöht, ihrem Angebot zuzustimmen. Der Lohnstopp soll helfen, den Flugbetrieb aufrecht zu erhalten. Er betrifft zunächst nur Piloten, Fracht- und Bodenpersonal. Ziel sei es, »Zweck und Nutzen aller Ressourcen zu optimieren«, so ein Unternehmenssprecher. Insgesamt hat Mexicana 227 nationale und internationale Flugverbindungen gestrichen, vor allem von Mexiko-Stadt nach Südamerika und in die USA. Seit Montag ist auch die Verbindung Mexiko-Madrid-Mexiko eingestellt, neben der Route nach London die wichtigste Flugverbindung nach Europa.

Anfang August hatte Mexicana in Mexiko und den USA Insolvenz angemeldet, nachdem Leasinggesellschaften Flugzeuge abgezogen hatten. Mit dem Insolvenzantrag wird es ihr nach mexikanischem Recht möglich, ihre Finanzen geordnet zu restrukturieren. Es wurde Gläubigerschutz gewährt. So können Rückzahlungspflichten ausgesetzt und der Flugbetrieb aufrechterhalten werden.

Mexicana beschäftigt rund 8000 Mitarbeiter und befördert 11,7 Millionen Passagiere im Jahr. Die Gründe für den Niedergang der 1921 gegründeten Fluggesellschaft sind vielfältig: Zur weltweiten Krise der Luftfahrtbranche und dem Kostenanstieg bei Kerosin kam die Schweinegrippeepidemie, die den Tourismus in Mexiko 2009 in massive Schwierigkeiten stürzte. Doch das bewirkt noch nicht den Bankrott einer großen Airline. Die Unternehmensführung behauptet, Mexicana sei durch zu hohe Gehälter für Piloten und Crews in Schieflage geraten. Die Gehälter lägen im Schnitt knapp 50 Prozent über denen der US-Airlines. Arbeitsplatzabbau und Lohnkürzungen (beides um bis zu 40 Prozent) sollen deshalb aus der Krise führen.

Doch dies lenkt nur von Missmanagement ab und stempelt Angestellte zu Sündenböcken verfehlter Unternehmenspolitik. Als Mexicana 2005 privatisiert wurde, war sie ein gesundes Geschäft. Im selben Jahr wurde sie durch die damalige Regierung unter Vicente Fox für einen Bruchteil ihres Wertes an die Gastón Azcárraga Andrade gehörende Hotelkette Grupo Posadas verkauft. Die Familie Azcárraga Andrade ist in Mexiko sehr einflussreich. Für den Präsidentschaftswahlkampf 2006 von Fox’ Parteikollegen und derzeitigen Präsidenten Felipe Calderón spendete die Familie fünf Millionen Pesos (300 000 Euro). Mexicana wurde von der Börse genommen und muss seitdem seine Bilanzen nicht mehr öffentlich machen.

Kurz nach Übernahme durch Azcárraga wurden die Gehaltskosten der Piloten um 50 Millionen Dollar jährlich reduziert, in ähnlichen Dimensionen auch beim Bodenpersonal. Nur die Frachtarbeiter widersetzten sich einer Kürzung; Mexicana beantragte daraufhin eine einseitige Vertragsänderung. Der Konflikt wartet noch auf seine Entscheidung vor Gericht.

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