Streik im öffentlichen Dienst Südafrikas
Gewerkschaften fordern Anteil der Beschäftigten am Aufschwung / Regierung ist verärgert
Rund ein Monat nach der Fußballweltmeisterschaft sind in Südafrika etwa eine Million Arbeitnehmer im öffentlichen Sektor und in der Automobilindustrie in einen unbefristeten Streik getreten. Die Regierung hatte den Gewerkschaften im öffentlichen Dienst eine Gehaltserhöhung von 7 Prozent und einen monatlichen Zuschuss zu den Wohnkosten in Höhe von 700 Rand (ca. 70 Euro) angeboten. Die Gewerkschaften fordern 8,6 Prozent mehr Lohn, 1000 Rand Unterstützung im Monat für Miet- und Nebenkosten oder Wohnungsdarlehen sowie eine Angleichung des Zuschusses zur Krankenversicherung. Die Unternehmen im Automobilsektor bieten ihren Mitarbeitern, die seit vergangener Woche im Ausstand sind, eine Gehaltserhöhung von 7 Prozent. Die Gewerkschaften fordern 15 Prozent mehr, dazu ebenfalls eine Unterstützung zu den Wohnkosten und einen sechsmonatigen bezahlten Mutterschaftsurlaub.
Die Gewerkschaften mobilisieren zu Protestkundgebungen im ganzen Land und wollen, wie es der Präsident der Lehrergewerkschaft SADTU, Thobile Mtola, ausdrückte, »das Land, wenn notwendig, komplett dicht machen«. Der Verhandlungsführer des Dachverbandes COSATU, Mogwene Maluleke, gab jedoch bekannt, dass eine Notversorgung in den Hospitälern aufrecht erhalten wird. 20 Prozent der Krankenschwestern sollen sich nach Angaben der Gewerkschaften nicht am Streik beteiligen, damit die Versorgung von Notfällen und Schwerkranken weiter sichergestellt ist. Ob die Gewerkschaften dies gewährleisten können, ist aber unsicher.
Die Regierung reagierte verärgert auf die Streiks und die nach ihrer Ansicht maßlosen Forderungen der Gewerkschaften. Der für den öffentlichen Dienst zuständige Minister Richard Baloyi unterstrich, dass eine Einigung in Höhe der Forderungen der Gewerkschaften nicht im allgemeinen Interesse wäre. Die Regierung müsste dann an anderer Stelle schmerzliche Einschnitte vornehmen. Er machte klar, dass Lehrer und Krankenhausbedienstete, die sich am Streik beteiligen, mit entsprechenden Gehaltskürzungen zu rechnen hätten. Präsident Jacob Zuma forderte die Gewerkschaften auf, sich schnell mit der Regierung zu einigen, andernfalls würden sie für die Konsequenzen verantwortlich gemacht. Vor allem der Streik der Lehrer wird mit Missmut im Land aufgenommen, da die Abiturprüfungen bevorstehen.
Nach Meinung von Ökonomen kommen die Streiks zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Südafrikas Wirtschaft sei noch mit der Überwindung der Krise beschäftigt. Ein langer Streik, meint Kevin Lings von der Investmentfirma Stanlib, könne auch den guten Eindruck zerstören, den Südafrika mit der WM weltweit hinterlassen habe.
Indes zeigt die Wirtschaft erste Erholungstendenzen, nach einem Anstieg der Exporte zieht nun auch der Konsum an. So waren die privaten Ausgaben im Juni so stark wie seit drei Jahren nicht gestiegen, doch dies könnte auch durch die Fußballweltmeisterschaft verzerrt sein. Bei vielen Streikenden ist der Aufschwung jedenfalls nicht angekommen. Lehrer mit Berufserfahrung verdienen häufig nur 1300 Euro brutto im Monat. Eine Familie kann mit diesem Lohn kaum über die Runden kommen. Deshalb ist die Streikbereitschaft im öffentlichen Sektor hoch.
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