Applaus, Applaus, Applaus

Zu Besuch bei den Grünen: Hamburger Bürgermeisterkandidat Ahlhaus (CDU) auf Kuschelkurs

  • Reinhard Schwarz und
  • Lesedauer: 3 Min.
Volker Stahl, Hamburg

Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) kandidiert am nächsten Mittwoch für das Amt des Bürgermeisters. Vorher stellte er sich der Basis des grünen Koalitionspartners vor. Und erntete Pfiffe – aber nicht von den Grünen.

Mit »Buh«-Rufen und Pfiffen wurde der designierte Hamburger Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) bei einem Mitgliederabend der Grün-Alternativen Liste (GAL) empfangen. Demonstranten – vor allem Gentrifizierungsgegner – trugen Ahlhaus-Masken, grüne Pappnasen und hielten Schilder hoch mit Sprüchen wie »Grüne Pappnasen-Fraktion lädt ein« oder »Heidelberger Kuschelburschi sucht Geichgesinnte«. Den mit offenem Hemd ohne Schlips leger gekleideten Bewerber um das Bürgermeisteramt focht das nicht an, vielmehr schritt er – verfolgt von einem Pulk von Fotografen und Kameraleuten – gut gelaunt in Richtung des schlichten Versammlungssaals der Freien Akademie der Künste und sagte später: »Kritik gehört dazu.«

Im Saal warteten bereits fast 400 GALier, um den CDU-Innensenator ins Kreuzverhör zu nehmen. Medienvertreter mussten indes draußen bleiben, bestürmten jeden mit Fragen, der den Saal kurzzeitig verließ. Nur zu Beginn duldeten die Hausherren ein kurzes Blitzlichtgewitter. Das nutzte ein grüner Ahlhaus-Gegner zwei Plätze links neben dem Kandidaten, indem er frech eine Aufklärungsbroschüre über rechte Umtriebe studentischer Verbindungen in die Linsen der Kameras hielt.

Am 25. August steht in der Hamburger Bürgerschaft die Neuwahl des Senatschefs an, nachdem der bisherige Amtsinhaber, Ole von Beust (CDU), nach neun Jahren hingeworfen hatte. Am kommenden Sonntag wollen die Grünen darüber beraten, ob ihre Fraktion drei Tage später in der Bürgerschaft für Ahlhaus stimmt oder nicht. Naheliegend also, dass die Grünen-Basis schon mal vorab wissen wollte, wer die Hansestadt in den nächsten anderthalb verbleibenden Jahren bis zu den Neuwahlen regieren soll. Ahlhaus war kürzlich ins Kreuzfeuer der Kritik geraten, weil er während seiner Zeit als Kommunalpolitiker in Heidelberg enge Kontakte zu einer schlagenden Verbindung gehabt haben soll. Doch der Amtsbewerber nutzte die Chance, sich bei der Basis des grünen Koalitionspartners ins rechte Licht zu rücken, obwohl oder vielleicht auch, weil er nicht das Charisma seines Vorgängers besitzt.

»Er hat sich nicht verstellt«, bemerkte GAL-Bürgerschaftsabgeordneter Horst Becker anerkennend. »Unsere Mitglieder erwarten auch nicht, dass sich jemand einschleimt.« Dem Bewerber habe man die Nervosität durchaus angemerkt, konnte GAL-Politikerin Cornelia Mertens beobachten. »Aber er wirkte nicht aufgesetzt.« Ahlhaus bekam auch kritische Stimmen und Zwischenrufe zu hören. GAL-Kommunalpolitiker Roland Seidlitz, nach eigener Einschätzung »Schwarz-Grün-Skeptiker«, zeigte sich dennoch beeindruckt: »Er wirkte durchaus glaubwürdig, obwohl ich Neuwahlen ehrlicher finden würde.«

Inhaltlich äußerte sich Ahlhaus zu allen relevanten Themen der Hansestadt – von der Schulpolitik bis zu den prekären Finanzen. Der Noch-Innensenator sprach auch über die jüngste, anonym geäußerte Kritik von hohen Polizeioffizieren an Polizeipräsident Werner Jantosch. Die Kritiker hatten Jantosch einen – selbst für Polizeiverhältnisse – autoritären Führungsstil vorgeworfen. Kritiker würden abgestraft. Er plädiere für eine »transparente und kritische Verwaltung«, so Ahlhaus, in der sich die Beteiligten durchaus die Meinung sagen dürften. Was das für den konkreten Fall bedeute, wurde den GALiern jedoch nicht klar.

Angesprochen auf seine angebliche Mitgliedschaft in einer schlagenden Verbindung, verteidigte sich der designierte Bürgermeister: Er habe weder gefochten noch sei er Mitglied einer Verbindung gewesen, so Ahlhaus. Er habe als Heidelberger CDU-Politiker lediglich das sogenannte traditionelle Mai-Singen unterstützt. Gegen den umstrittenen Brauch hatte es in Heidelberg Proteste gegeben. Die GAL-Mitglieder gaben sich mit diesen Antworten zufrieden, spendeten zwischendurch »freundlichen Applaus«, wie eine Augenzeugin berichtete. Die Zweite Bürgermeisterin, die Grüne Christa Goetsch, sprach den handzahm gewordenen Grünen aus der Seele: »Er hat sich nicht angebiedert, das finde ich gut.«

Als Ahlhaus den Versammlungsort nach etwa zweieinhalb Stunden wieder verließ, waren die Demonstranten verschwunden, nur ihre Plakate hatten sie zurückgelassen.

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