Lebensgefahr in Dosen

NRW-Landesregierung will an polizeilichen Pfeffersprayeinsätzen festhalten – obwohl sie tödlich enden können

  • Markus Bernhardt
  • Lesedauer: 2 Min.
Wenn Polizisten auf Demos ihr Pfefferspray zücken, wissen Demonstranten, was auf sie zukommt: eine ziemlich schmerzhafte und sogar lebensgefährliche Dusche.

Allen Warnungen von Wissenschaftlern und Medizinern zum Trotz will die aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen bestehende nordrhein-westfälische Landesregierung auch zukünftig nicht auf den Einsatz von Pfefferspray durch Polizeibeamte verzichten. Dies geht aus einer am Freitag veröffentlichten Antwort des NRW-Innenministers Ralf Jäger (SPD) auf eine Kleine Anfrage der LINKEN-Abgeordneten Anna Conrads hervor.

Anlässlich des Todes eines jungen Mannes, der in der Nacht zum 24. Juni in Dortmund in Folge Pfeffersprayeinsatzes durch örtliche Polizeibeamte verstarb, hatte Conrads die Landesregierung unter anderem gefragt, welche wissenschaftlichen Studien der Freigabe von Pfeffersprayeinsätzen zu Grunde lägen. Die Antwort ist mehr als ernüchternd. So erklärt der SPD-Minister, dass der Landesregierung keine Informationen über schwere Gesundheitsschäden oder Todesfälle in Folge des Einsatzes von Pfefferspray vorlägen. Dass der Einsatz des gefährlichen Reizstoffes durch die Polizei überhaupt legal ist, liegt – Auskünften Jägers zufolge – einzig an der Prüfung des Polizeitechnischen Instituts bei der Deutschen Hochschule der Polizei. Diese habe dazu geführt, dass der Einsatz des Sprays am 11. Juni 1999 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und –senatoren empfohlen worden sei.

Dass das Nachrichtenmagazin »Der Spiegel« vor dem Einsatz von Pfefferspray warnte und darüber berichtete, dass es allein im zweiten Halbjahr 2009 in der Bundesrepublik zu »mindestens drei Todesfälle(n) nach dem Einsatz von Pfefferspray durch Polizisten« gekommen sei, berücksichtigt die Landesregierung genauso wenig, wie Erkenntnisse des renommierten California Pacific Medical Center in San Francisco, welches in der Vergangenheit konstatierte, dass es bei Menschen, die unter Psychopharmaka oder Drogen stünden, zu tödlichen Wechselwirkungen mit Pfefferspray kommen könne.

Im Gespräch mit dieser Zeitung bezeichnete Anna Conrads die Beantwortung ihrer Kleinen Anfrage durch das nordrhein-westfälische Innenministerium als »vollkommen inakzeptabel«. Dass das Ministerium behauptet, dass es keine Informationen über schwere Gesundheitsschäden oder Todesfälle gäbe, sei »eine zutiefst zynische und menschenverachtende Verhöhnung der an den Folgen von Pfeffersprayeinsätzen verstorbenen Menschen«. Mit dieser Politik setze die rot-grüne Landesregierung das Leben von Menschen auf's Spiel, so die Innenpolitikerin weiter.

Die Linksfraktion kündigte unterdessen an, sich im Landtag für ein sofortiges Ende von Pfeffersprayeinsätzen gegen Bürgerinnen und Bürger, Demonstranten und Fußballfans stark machen zu wollen und dementsprechende Anträge einzubringen. »Spätestens dann müssen SPD und Grüne Farbe bekennen«, hieß es am Freitag.

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