Senat will Mietanstieg begrenzen

Gesetzesinitiative soll im Herbst im Bundesrat eingebracht werden

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Kollwitzplatz sind preiswerte Wohnungen Mangelware.
Am Kollwitzplatz sind preiswerte Wohnungen Mangelware.

Der Senat macht ernst im Kampf gegen steigende Mieten. Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) kündigte für den Herbst eine Gesetzesinitiative im Bundesrat an, um »Mieter vor Vermieterwillkür und Mietwucher« zu schützen. Sie setzt damit einen Beschluss des Abgeordnetenhauses um, das sich im Februar auf Initiative von SPD und LINKE dafür ausgesprochen hatte.

Ziel des Vorstoßes ist es, zu erreichen, dass Vermieter die Miete nicht wie bisher innerhalb von drei Jahren um bis zu 20 Prozent erhöhen dürfen, sondern in vier Jahren um höchstens 15 Prozent. Nach einer Modernisierung sollen die Kosten nur noch zu neun statt wie bisher zu elf Prozent auf die Miete umgelegt werden können. Zudem will Junge-Reyer auch die Möglichkeit einschränken, bei Abschluss neuer Verträge die Mieten unbegrenzt steigen zu lassen. Bisher müssen sich die Vermieter dabei nicht an den Mietspiegelwerten orientieren, sondern können verlangen, was der Markt hergibt. Lediglich bei Wohnungsmangel könnte der Mietanstieg auf 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete begrenzt werden.

Die Senatorin hatte sich bisher immer geweigert, eine solche Mangellage für Berlin zu erkennen. Sie spricht auch weiterhin von einem »entspannten Wohnungsmarkt«, lediglich in einigen Gebieten gebe es eine stärkere Nachfrage. Durch die Bundesratsinitiative soll nun eine Gesetzesänderung erreicht werden, die auch in Teilen der Stadt eine Mietpreisüberhöhung verhindert. »Es gibt in Berlin keine Wohnungsnot, aber wir müssen vorausschauen und dafür sorgen, dass dies auch so bleibt«, sagte der Sprecher der Stadtentwicklungssenatorin, Mathias Gille.

Der Senat will auch erreichen, dass bei Abschluss des Mietvertrages der Energieausweis unaufgefordert vorgelegt werden muss und Mieter ein Recht auf Mietminderung erreichen, wenn Mindestanforderungen der Energieeinsparungsverordnung nicht erfüllt werden.

Von Vermieterseite gab es dazu gestern heftige Kritik. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) sieht sogar den sozialen Frieden gefährdet. Die Mieten in der Stadt seien günstig, mit der Initiative werde aber der gegenteilige Eindruck erzeugt. Statt Mieten zu begrenzen, brauche Berlin wieder eine Neubauförderung, so BBU-Vorstandsmitglied Maren Kern. Der Berliner Mieterverein (BMV) dagegen begrüßte den Vorstoß, der ihm allerdings noch nicht weit genug geht. So sollten Modernisierungskosten überhaupt nicht mehr auf die Miete umgeschlagen werden, sondern als Wertsteigerung vom Vermieter bei der Vergleichsmiete geltend gemacht werden, schlägt BMV-Chef Reiner Wild vor. Neuvertragsmieten sollten bei zehn Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete gekappt werden.

Während die Linkspartei die Bundesratsinitiative lobte als »wichtiges Zeichen« in Zeiten, da die Bundesregierung die Mieter einseitig belasten will, bezeichneten sie die Oppositionsparteien als »Ablenkungsmanöver«. Die CDU sieht eine »Stigmatisierung der Vermieter«, denen die Schuld an Fehlentwicklungen zugeschoben werde, und die Grünen halten sie für ein Ablenkungsmanöver von Senatsversäumnissen und sowieso folgenlos.

Tatsächlich hatte der Regierende Bürgermeister noch kürzlich kaum Chancen für derartige Mietenbegrenzungen gesehen. In der Senatsverwaltung gibt man sich jedoch optimistisch, »dass die Bundesländer mit großen Städten der Initiative zustimmen«, so Gille.

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