Kölner Bettensteuer darf Schule machen

NRW macht Weg frei / SPD-Fraktionschef Börschel verspricht Transparenz bei der Mittelverwendung

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
Sie gilt als eine Widerstandsmaßnahme gegen die schwarz-gelbe »Lex Mövenpick«: Die fünfprozentige »Bettensteuer« für Kölner Hoteliers. Nun machte das Land NRW den Weg dazu frei. Andere Kommunen wollen dem Kölner Beispiel folgen, der Hotel- und Gaststättenverband wird wohl den Klageweg beschreiten.

Als die Bundesregierung den Mehrwertsteuersatz für Hotelübernachtungen Anfang des Jahres um 12 auf sieben Prozent senkte, reagierte man in Köln prompt: Die rot-grüne Mehrheit im Rat der Domstadt beschloss Ende März, eine so genannte »Bettensteuer« einzuführen. Fünf Prozent des Netto-Übernachtungspreises sollen Kölns Hoteliers an die Stadt abführen. Das gleiche gilt für die Betreiber von Jugendherbergen, Pensionen und Campingplätzen.

Köln will so die Einnahmeverluste ausgleichen, die sich aus dem von Spöttern »Lex Mövenpick« genannten schwarz-gelben Steuergeschenk ergeben. Sie belaufen sich nach Schätzungen in diesem Jahr auf 16 und im nächsten Jahr auf rund 23 Millionen Euro. Viel Geld für eine Stadt wie Köln, in deren Haushalt eine Lücke im dreistelligen Millionenbereich klafft. Die »Bettensteuer«, so hofft man, wird Mehreinnahmen von 21,5 Millionen Euro pro Jahr generieren.

Nun machte das Land den Weg juristisch frei: Medienberichten vom Wochenende zu Folge einigten sich die NRW-Ministerien für Finanzen und Inneres darauf, die kommunale Abgabe zu genehmigen. Kein Wunder: NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans, zuvor Kölns Wirtschaftsdezernent, ist einer der beiden Väter der »Bettensteuer«.

Als zweiter Vater firmiert Martin Börschel, der Chef der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Köln. »Die Lex Mövenpick war für uns ein Anlass über die kommunale Finanzsituation nachzudenken«, erinnert sich Börschel. »Eigentlicher Grund war aber die dramatische Finanzsituation Kölns, die durch die unverantwortliche Politik des Bundes, Lasten auf die Städte abzuwälzen, stetig verschärft wird.« Wenn das Land die Abgabe nun genehmige, stärke das die kommunale Selbstverwaltung, argumentiert Börschel. »Die Kommunen sollten in eigener Verantwortung entscheiden, ob eine solche Steuer marktkonform ist oder nicht«.

Die Einnahmen aus der Bettensteuer müssen der Kulturförderung dienen, so Börschels Beitrag zum Steuerkonzept, der von der Stadtratsmehrheit im März übernommen wurde. Doch natürlich gilt auch in Köln das Nonaffektationsprinzip: Alle Einnahmen dienen zur Deckung aller Ausgaben. Die Bettensteuer wird also das große Säckel füllen. Was daraus finanziert wird, muss der Rat von Jahr zu Jahr entscheiden. Und zwar bei schwindendem politischen Handlungsspielraum, denn die meisten kommunalen Ausgaben dienen mittlerweile der Finanzierung von Pflichtaufgaben.

»Die Zweckbindung ist eine freiwillige«, räumt denn auch Martin Börschel ein. Doch sei der kulturpolitische Zweck im Ratsbeschluss fest gelegt worden. Daran werde man Rot-Grün »politisch messen können«. Der SPD-Ratschef verspricht: »Wir werden die Verwendung transparant im Haushaltsplan darstellen.«

Gegen die Kölner Bettensteuer hatte sich allerdings Widerstand erhoben: Der Hotel- und Gaststättenverband wetterte unisono mit den lokalen Ablegern der Lex-Mövenpick-Parteien FDP und CDU. Der Kern ihrer Kritik: Der Wirtschaftsstandort Köln werde geschwächt, der Steuerzahler geschröpft. Vor allem aber sei die »Bettensteuer« rechtswidrig, weil gleichartig mit einer Steuer des Bundes, nämlich der Umsatzsteuer. Bereits im März hatte ein Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbandes »im Zweifel« eine Klage angekündigt. Nun dürfte die Zeit reif sein.

Mehr als 20 Kommunen wollen dem Kölner Modell folgen. Bereits 2005 hatte die Stadt Weimar eine Übernachtungssteuer eingeführt. Die Zahl der gebuchten Betten stieg dennoch von Jahr zu Jahr.

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