Heiliger Antonio rettet Italien

Die »Azzurri« zittern sich beim 2:1 in Estland zum ersten Sieg 2010

  • Bernhard Krieger, dpa
  • Lesedauer: 2 Min.

Vom »Enfant terrible« zum Retter der Fußballnation: Antonio Cassano hat sich bei seiner Rückkehr in die Nationalmannschaft zum neuen Liebling der italienischen Fans aufgeschwungen. Der vom zurückgetretenen Auswahltrainer Marcello Lippi lange hartnäckig ignorierte Stürmer führte die »Azzurri« beim 2:1-Sieg in der EM-Qualifikation gegen Estland praktisch im Alleingang zum Comeback nach dem WM-Debakel.

Mit seinem Ausgleichstor und der Vorlage zum Siegtreffer von Leonardo Bonucci drehte Cassano die partie in Tallinn und bedankte sich so für das Vertrauen des neuen Nationalcoaches Cesare Prandelli. »Sant'Antonio rettet Italien«, titelte die Zeitung »Gazzetta dello Sport« nach dem ersten Sieg der »Squadra Azzurra« im Jahr 2010. Und der »Corriere dello Sport« trat nach: »Lippi, hast du Cassano gesehen?«

Mit dem mühsam erkämpften Erfolg machte der viermalige Fußball-Weltmeister den ersten Schritt in Richtung EM 2012 in Polen und der Ukraine. Ein weiterer Sieg am Dienstag in Florenz gegen das Team der Färöer-Inseln soll nach dem bislang katastrophalen Jahr endgültig die Wende einläuten. »Italien ist auf dem richtigen Weg«, glaubt »Tuttosport«.

Die Tifosi atmen jedenfalls auf und feiern Matchwinner Cassano. Als die Italiener Freitagabend zur Halbzeit nach dem Tor von Sergej Senjow (31. Minute) 0:1 hinten lagen und sich bereits das nächste Debakel abzeichnete, riss der Stürmer von Sampdoria Genua das Ruder herum. Zuerst verwandelte er einen Eckball von Kapitän Andrea Pirlo mit seinem vierten Länderspieltor zum Ausgleich in der 60. Minute. Dann legte er nur drei Minuten später mit der Hacke für Leonardo Bonucci (63.) auf.

»Bravo Cassano«, lautete Prandellis Kommentar. Für den Trainer war der jahrelang als nicht teamfähig verschriene Süditaliener ein »Vorbild für alle«. »Er hat das Toreschießen einfach in den Genen«, sagte Prandelli über Cassano, den Giovanni Trapattoni vor mehr als sechs Jahren schon als »Zukunft des italienischen Fußballs« bezeichnet hatte. Unter Trapattoni debütierte Cassano 2003 in der Nationalelf. Auch Roberto Donadoni nahm ihn 2008 mit zur EM. Bei Lippi bekam Cassano jedoch nie eine Chance.

Neben dem Stürmer bekamen in der mit sechs Debütanten angetretenen Mannschaft auch der Stuttgarter Abwehrspieler Cristian Molinaro und der Deutsch-Italiener Riccardo Montolivo am Wochenende gute Kritiken. Dennoch konnte Italien in Estland längst noch nicht vollends überzeugen. Daraus machten auch die »Azzurri« keinen Hehl. »Zur Pause waren die Jungs verunsichert«, räumte Trainer Prandelli fehlendes Selbstbewusstsein ein. »Deshalb sollten wir uns auch nicht fragen, wie viele Tore wir gegen die Färöer-Inseln schießen, sondern erstmal darauf achten, dass wir zu Null spielen«, mahnte Abwehrspieler Giorgio Chiellini von Juventus Turin.

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