Politik, Geber und die Unruhen in Mosambik
Bei einem der Lieblingsschüler der Weltbank sorgen Preiserhöhungen für Kratzer an der Fassade
Nachdem die Regierung über das Wochenende Polizei in Maputo zusammengezogen hat, scheint sich die Lage erst einmal beruhigt zu haben. Zwei Tage dauerten letzte Woche die Unruhen in Mosambiks Hauptstadt Maputo an. 13 Menschen kamen ums Leben. Die Polizei wurde beschuldigt, neben Gummigeschossen auch scharfe Munition eingesetzt zu haben.
Mosambik galt lange als Darling der Entwicklungshilfegeber, da es sich Anfang der 1990er Jahre von der Planwirtschaft verabschiedete und weitgehend den wirtschaftspolitischen Vorgaben der Geber folgt. Seit mehreren Jahren weist das Land ein hohes Wirtschaftswachstum von durchschnittlich 8 Prozent pro Jahr auf. Die Weltbank lobte 2008 Mosambik, das nach dem jahrelangen Bürgerkrieg zu den ärmsten Ländern der Welt gehört, für die deutliche Reduzierung der Armut und bezeichnete das Land als eine der größten Erfolgsgeschichten weltweit.
Letztes Jahr kam jedoch Missmut auf Seiten der internationalen Geber auf, erzählen Fredson und Diamantino von UNAC (Uniao Nacional De Camponeses), einer Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Maputo. Die Regierungspartei Frelimo wurde beschuldigt, die im Jahr 2009 neu gegründete Partei MDM (Movimento Democrático Moçambicano) bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Oktober 2009 behindert zu haben. Die MDM ist eine Frelimo-Abspaltung, an deren Spitze der populäre Bürgermeister der zweitgrößten Stadt Mosambiks, Beira, Daviz Simango, steht.
Präsident Armando Guebuza von der seit der Unabhängigkeit regierenden Frelimo gewann die Präsidentschaftswahlen mit 75 Prozent der abgegebenen Stimmen klar. Der MDM-Kandidat Simango erreichte 8,6 Prozent und landete damit an dritter Stelle. Einige der Geber nahmen die Anschuldigung der MDM zum Anlass, ihre Finanzhilfen Anfang 2010 auszusetzen.
Mosambiks Staatshaushalt wird zu fast der Hälfte von den ausländischen Hilfen finanziert. Die Suspendierung der Hilfen, berichten NRO-Vertreter in Maputo gegenüber ND, hat die Regierung zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt getroffen. Seit Anfang des Jahres verlor die mosambikanische Währung Meticeis gegenüber dem südafrikanischen Rand deutlich an Wert. Mosambik ist stark abhängig von Importen aus Südafrika, die sich dadurch verteuern. Selbst die Tomaten auf den Märkten in Maputo kommen aus Südafrika.
In Mosambik wird der Preis für Brot und Benzin zwischen den Privaten, etwa den Bäckern des Landes, und dem Staat festgesetzt. Aufgrund der gestiegenen Importpreise durch die Aufwertung des Rand wurden die Brotpreise und die Preise für Strom, Wasser und Benzin erhöht. Die deutlichen Preissteigerungen von bis zu 20 Prozent lösten in den Städten, wo die Menschen kaum in der Lage sind, sich mit Grundnahrungsmitteln selbst zu versorgen, die Unruhen der vergangenen Woche aus.
Bereits 2008 gab es in Maputo und anderen Städten Unruhen wegen angekündigter Preiserhöhungen. »Damals«, so Fredson, »begannen die Unruhen einen Tag nach der Abreise des IWF-Präsidenten Dominique Strauss-Kahn.« Dieser hatte das Land für seine erfolgreiche Wirtschaftspolitik in den höchsten Tönen gelobt. Tags darauf protestierten die Menschen gegen die Erhöhung der Transportpreise. Die Frelimo-Regierung nahm die Erhöhung zurück, wohl auch um den eigenen Wahlerfolg 2009 nicht zu gefährden.
Nach den Wahlen wollte die Regierung die Preise nicht mehr weiter subventionieren. Auch, weil die Mittel wegen der ausgebliebenen Hilfen durch die Geber knapper geworden sind. Die jetzigen Unruhen versucht sie durch eine Politik der harten Hand einzudämmen, in dem sie die Polizei verstärkt. Wie südafrikanische Zeitungen berichten, tauschen sich die Demonstranten über SMS-Nachrichten miteinander aus und verabreden sich zu neuen Protesten. Bislang ist es weiterhin ruhig in Maputo. Doch der Ärger ist groß, denn die Versprechen des Wahlkampfs sind noch in guter Erinnerung. Die Regierung scheint das zu wissen: Am Dienstag kündigte sie an, den Brotpreis weiter zu subventionieren und die Strom- und Wasserpreiserhöhungen weniger drastisch zu gestalten.
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