Spiel der schnellen Mathematiker
Vor 30 Jahren kam der Zauberwürfel des Ungarn Erno Rubik erstmals auf den Markt
Wer den Zauberwürfel das erste Mal in Händen hält, weiß intuitiv: Das wird nicht einfach. Sechs verschiedene Farben sind durcheinander gewürfelt. Und der nach allen Seiten bewegliche Würfel muss so gedreht werden, dass am Ende jede der sechs Würfelseiten nur noch eine Farbe hat. Eine Aufgabe für Menschen mit Geduld – und das seit 30 Jahren. 1980 wurde das Spielzeug erstmals in großer Stückzahl auf den Markt geworfen.
Was die einen abschreckt, ist für andere so spannend, dass sie sich darin messen, wer den Würfel am schnellsten lösen kann. Sie nennen sich »Speedcuber« und veranstalten regelmäßig Meisterschaften. Am kommenden Wochenende treffen sie sich wieder zu den Deutschen Meisterschaften in Bottrop.
Dort wird auch Robin Blöhm an den Start gehen. Dabei hat er erst vor drei Jahren mit dem »Speedcubing« angefangen. »Ich saß in einer Mathe-Vorlesung und habe gerade nichts verstanden. Da habe ich meinen Sitznachbarn mit dem Würfel gesehen.« Der 22-Jährige erinnerte sich, dass auch sein Vater noch seinen alten Würfel hatte. »Am Anfang war es 'ne Konzentrations- und Geduldssache. Aber irgendwann ging es automatisch. Jetzt geht es mir um die Zeit.«
Dabei war es die Idee seines Erfinders, mit dem Würfel das räumliche Vorstellungsvermögen zu verbessern. Der ungarische Innenarchitekturdozent Erno Rubik kam Mitte der 70er Jahre auf die Idee. Außerhalb Deutschlands ist der Würfel daher auch als »Rubik's Cube« bekannt. In den sozialistischen Staaten war die kommerzielle Verbreitung des Würfels nicht so einfach. Daher wird heute 1980 als Jahr der Markteinführung angesehen – seitdem seien weltweit 350 Millionen Stück verkauft worden, teilt Jumbo Spiele mit.
Die Konstruktion des Würfels ist bis heute gleichgeblieben. Im Inneren wird er von einem Kreuz aus Achsen zusammengehalten. Der mittlere Stein auf jeder Seite bleibt immer an der selben Stelle. Alle anderen lassen sich nach oben, unten und zu beiden Seiten drehen. Um die Aufgabe zu lösen, die Farben in die richtige Reihe zu bringen, gibt es etliche Methoden.
Als Student kann Robin Blöhm nicht den ganzen Tag üben, ganz im Gegensatz zu jüngeren »Speedcubern«. Einige drehen den Würfel gar 1000 mal pro Tag. Schneller als der Niederländer Erik Akkersdijk ist allerdings noch keiner gewesen. Er schaffte es vor zwei Jahren in 7,08 Sekunden.
»Es ist unglaublich, wie schnell einige der jungen Spieler mittlerweile sind«, sagt Reiner Thomsen. Er gehört mit 45 Jahren zum alten Eisen unter den Speedcubern. »Ich habe den Würfel tatsächlich schon als Kind in der Hand gehabt«, sagt er. Auf der Essener Spielemesse kam er vor sechs Jahren in Kontakt mit der Szene. »Ich habe wieder geübt und komme mittlerweile auch wieder unter 20 Sekunden«, sagt der Informatiker.
Algorithmen, Mathematiker, Informatiker? Können sich nur »Freaks« für das komplizierte Lösen des Würfels konzentrieren? Thomsen gibt zu, dass die Szene von Männern und Mathematikern geprägt sei. »Aber die sind alle sehr locker«, sagt er. »Natürlich wird gefachsimpelt.« Doch es mache auch einfach Spaß, selbst nach 30 Jahren.
Der 22-jährige Blöhm stellt klar, er führe ein »normales Leben« und habe eine Freundin. Doch auch sie ist dem Würfel verfallen und soll zu den schnellsten Frauen der Zauberwürfel-Gemeinde gehören.
20 – Die Zahl Gottes
Der Mathematiklehrer Herbert Kociemba aus Darmstadt hat kürzlich gemeinsam mit dem Mathematikprofessor Morley Davidson von der Kent State University in Ohio, John Dethridge, einem Ingenieur bei der Internet-Suchmaschine Google, und Tomas Rokicki, einem Programmierer der Stanford University in Kalifornien, bewiesen, dass alle 43.252.003.274.489.856.000 Positionen des Zauberwürfels in höchstens 20 Zügen lösbar sind. Da man annimmt, dass ein allwissendes Wesen nur die geringstmögliche Anzahl an Zügen nutzen würde, wird dieser Wert auch als »Zahl Gottes« bezeichnet.
Zum Durchspielen der Positionen stellte Google für mehrere Wochen eine große Anzahl an Computern zur Verfügung. Ein einzelner normaler Rechner hätte dafür 35 Jahre gebraucht. oh
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