Schöne Lücke – schadstofffrei
Der Leipziger Ralf Kalupner entwickelt sein Fahrradverleihsystem nextbike mit großem Erfolg
Überall in Deutschland sind neuerdings und immer öfter abgestellte Fahrräder im gleichen Look zu sehen, an zentralen Standorten, abgeschlossen natürlich. Wer sich dafür interessiert, findet eine Telefonnummer, unter der er oder sie eins der Räder mieten kann. Für einen kurzen Trip in den Park zum Beispiel oder mal eben ins nächste Einkaufszentrum. Befindet sich dort ebenfalls eine Fahrradstation, kann man das Rad einfach da lassen. Fertig.
Die Idee zu diesem Fahrradverleih der etwas anderen Art hatte Ralf Kalupner. Der 36-jährige Unternehmer studierte ursprünglich Wirtschaftsingenieurwesen in Dresden. Das hat mit dem Verleih von Fahrrädern wenig zu tun. Kalupner arbeitet zunächst in seinem Beruf, nahm sich dann aber eine Auszeit. »Um Bücher zu lesen und zu schreiben«, wie er sagt. Doch offensichtlich war ihm das nicht genug, denn damals entwickelte er die Idee des Fahrradverleihs. Das war 2004 und der heutige Firmenchef lebte zu jener Zeit in Heidelberg. Umgesetzt hat er die Idee aber in Leipzig, im November 2004 ging es hier los mit »nextbike«. Denn Kalupner wollte zurück in den Osten und hier etwas auf die Beine stellen – im konkreten Fall eher auf die Straße.
»So etwas gab es damals noch nicht, es war eine schöne Lücke«, erklärt der Familienvater seine Idee. Bekanntester Mitbewerber ist die Deutsche Bahn, die mit »Call a Bike« ein ähnliches Verleihsystem hat. Beide Firmen bieten so eine schadstofffreie Alternative zum Autofahren an. Normalerweise leiht man ein Rad ja in einem Geschäft. Das hat Öffnungszeiten, die kennt »nextbike« nicht. Wer unter der angegebenen Hotline-Nummer erstmals anruft, lässt sich mit seiner Kreditkarte registrieren und wird sofort freigeschaltet. Per Internet funktioniert das natürlich auch. Die Zahlenkombination, um das Radschloss zu öffnen, kommt sofort per Telefon und als SMS. Einmal registriert, ist man in allen »nextbike«-Städten mobil.
Eine Stunde Fahrradvergnügen kostet einen Euro, ein ganzer Tag acht Euro. Die Firma finanziert sich aber nicht nur über die Ausleihgebühren, sondern auch über Werbung. »Nextbike« ist 24 Stunden am Tag geöffnet, die Ausleihe dauert nur Sekunden. Wer allerdings keine Kreditkarte hat, muss erst einen Euro aufs »nextbike«-Konto überweisen, der wird als Startguthaben gut geschrieben.
Kalupner weiß natürlich, dass ein Leihrad kein Ersatz für ein eigenes ist. »Aber oft hat man das eigene gerade nicht dabei, das ist unsere Chance«, erklärt der 36-Jährige, der privat übrigens kein Auto besitzt. Allein in Leipzig gibt es 70 »nextbike«-Standorte mit 500 Rädern. Und es werden deutschlandweit immer mehr.
Die Firma expandiert, hat inzwischen Niederlassungen in 35 Städten, von Aschaffenburg bis Tübingen. Und nicht nur in Deutschland, auch in der Schweiz, in Österreich und sogar in Lettland. Seit drei Jahren gibt es »nextbike« über einen Franchise-partner am anderen Ende der Welt – in Neuseeland.
Was so mühelos aussieht, war es in Wirklichkeit nicht. Trotz der innovativen Idee musste Kalupner, der privat oft mit dem Rennrad unterwegs ist, Durchhaltevermögen zeigen: »Im zweiten Jahr waren wir am Rande der Insolvenz, das war hart.« Davon ist heute keine Rede mehr, zwei große Projekte stehen an. Ab 2011 ist »nextbike« in Nürnberg präsent, parallel fährt das Ruhrgebiet auf »nextbike« ab – mit 3000 Rädern in zehn Städten.
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