Maras lassen Muskeln spielen

Zwei Jugendbanden in El Salvador legen aus Protest Busverkehr lahm

  • Tobias Lambert
  • Lesedauer: 3 Min.
Zwei Jugendbanden des mittelamerikanischen El Salvador rebellieren gegen ein neues Gesetz der Regierung, das ein härteres Vorgehen gegen die Banden verlangt. Mit Drohungen blockieren die Maras den Busverkehr im Osten des Landes. Auf diese Weise wollen sie den Dialog mit der Regierung erzwingen.
Mitglied der Mara Salvatrucha bei einer Demonstration Foto: AFP
Mitglied der Mara Salvatrucha bei einer Demonstration Foto: AFP

Es war eine beispiellose Machtdemonstration. Die Jugendbanden Mara Salvatrucha (MS 13) und Mara 18 haben letzte Woche ein dreitägiges Transportverbot für den Busverkehr in ganz El Salvador verhängt. Ein Großteil der Busunternehmer beugte sich den Drohungen und ließ seit vergangenem Dienstag die Arbeit ruhen. Im Osten des mittelamerikanischen Landes war der Busverkehr nahezu komplett lahm gelegt. Auch zahlreiche Händler wurden bedroht und ließen ihre Geschäfte oder Straßenstände geschlossen. Die Regierung schickte zusätzliches Sicherheitspersonal auf die Straße, etwa 50 Bandenmitglieder wurden verhaftet. Wichtige Strecken wurden von Militärfahrzeugen oder Pick Ups bedient. Zeitgleich rebellierten inhaftierte Bandenmitglieder in neun von 21 Gefängnissen.

Die Maras reagieren mit den koordinierten Drohungen gegen das neue »Gesetz zur Ächtung der Jugendbanden«. Dieses wurde vom Parlament am 1. September verabschiedet und erinnert in Grundzügen an die gescheiterte Politik der »harten« und »superharten Hand«, welche die ultrarechte Partei ARENA im vergangenen Jahrzehnt propagiert hatte. Demnach ist schon die Mitgliedschaft in einer Jugendbande zukünftig strafbar. Auch für jegliche Unterstützer der Maras sind Gefängnisstrafen vorgesehen. Strittig bleibt, wie die Mitgliedschaft jeweils nachzuweisen ist. Eine szenetypische Tätowierung reicht dafür nach einhelliger juristischer Meinung nicht aus, womit nach wie vor eine konkrete Straftat vorliegen muss.

Das Gesetz war bereits Ende Juni angekündigt worden, nachdem Bandenmitglieder in Mejicanos, einem 140 000-Einwohner-Vorort der Hauptstadt San Salvador, einen Bus angezündet und dabei 17 Menschen getötet hatten. Busunternehmer werden häufig von Jugendbanden bedroht und zahlen in vielen Fällen Schutzgeld. Derart umfassende Drohungen wie jetzt, sind bisher allerdings nicht vorgekommen.

Am vergangenen Mittwoch, dem zweiten Tag des Transportverbots, meldeten sich die Maras selbst zu Wort. Der spanisch-salvadorianische Priester Antonio Rodríguez López, der in Mejicanos arbeitet, verlas im Fernsehen ein Kommuniqué, in dem sich die beiden größten und miteinander verfeindeten Jugendbanden El Salvadors angeblich gemeinsam bei der Bevölkerung »für die Unannehmlichkeiten« des Transportverbotes und der geschlossenen Läden entschuldigen. Obwohl die neue Regierung versprochen habe, alle Sektoren einzubeziehen, seien die Maras nicht zu Gesprächen über die Gewalt im Land eingeladen worden. Diese sei nur durch Dialog zu überwinden und stelle »einen Ausdruck der sozialen Ungerechtigkeit« dar, aufgrund derer die Jugendlichen nur die Wahl hätten, »Opfer oder Täter« zu werden, heißt es in dem verlesenen Text. Präsident Mauricio Funes solle ein Veto gegen das Gesetz einlegen und einen transparenten Dialogprozess in Gang setzen, so die Hauptforderung der Maras.

Die Regierung wies die Forderungen der Jugendbanden vehement zurück. »Mit Kriminellen dürfen wir nicht verhandeln«, sagte Verteidigungsminister David Munguía. Auch die Parlamentsfraktion der linken Regierungspartei FMLN (Befreiungsfront Farabundo Martí) lehnte die Forderungen in einem eigenen Kommuniqué ab und warnte vor möglichen Plänen, die Regierung destabilisieren zu wollen. Funes unterschrieb das Gesetz am Donnerstag Abend und kündigte ein konsequentes Vorgehen gegen die Jugendbanden an. Die Medien rief er dazu auf, Bandenmitgliedern kein Forum zu bieten. Den Priester Rodríguez López entließ die salvadorianische Regierung wegen »Interessenkonflikten« aus der gerade erst eingerichteten Kommission zur Suche nach verschwundenen Kindern des Bürgerkrieges.

Die Maras haben vor allem in El Salvador, Honduras und Guatemala zehntausende Mitglieder und kontrollieren ganze Stadtviertel. Mit mehr als 70 Tötungsdelikten je 100 000 Einwohnern ist die Mordrate El Salvadors eine der höchsten der Welt. Für einen Großteil der Gewalt macht die Politik seit Jahren die Jugendbanden verantwortlich.

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