Bundespräsident entlässt Sarrazin
Ex-Finanzsenator nun auch Ex-Bundesbanker
Berlin (dpa/ND). Dass Bundespräsident Christian Wulff Thilo Sarrazin aus dem Vorstand der Bundesbank entlassen hat, bestätigte Sarrazin der Nachrichtenagentur dpa am Freitag in Berlin. »Das Thema Bundesbank ist für mich damit abgeschlossen«, sagte Sarrazin. Er hatte mit seinen Thesen zur mangelnden Integrationsfähigkeit von Muslimen eine heftige Debatte in Deutschland ausgelöst. Der frühere Berliner Finanzsenator Sarrazin hatte sich bereits unter Vermittlung von Vertretern des Bundespräsidenten mit der Bundesbank auf einen Rückzug geeinigt. Die Bankspitze wollte wegen der umstrittenen Thesen nicht mehr mit Sarrazin zusammenarbeiten.
Der Rückzug aus dem Vorstand wird nach Sarrazins Worten zum 1. Oktober wirksam. Zudem gibt es noch ein Parteiausschlussverfahren in der SPD. Diese Auseinandersetzung mit der Partei laufe unabhängig von seiner Trennung von der Bundesbank weiter, sagte Sarrazin. Die Bundesbank hatte zunächst bei Bundespräsident Wulff die Entlassung Sarrazins aus dem Vorstand beantragt. Wegen der Einmaligkeit des Vorgangs hatte das Bundespräsidialamt anschließend eine vertrauliche Vermittlung gestartet. Danach war Sarrazin aber bereit, beim Bundespräsidenten seine Entlassung zu beantragen. Die Bundesbank ließ ihrerseits den Vorwurf fallen, Sarrazin habe mit seinen Thesen das Ansehen der Bundesbank beschädigt. Mit dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Amt erhält Sarrazin eine um 1000 Euro erhöhte monatliche Pension von 10 000 Euro.
Die SPD forderte die Bundesregierung erneut auf, den Vertrag zur Ablösung Sarrazins öffentlich zu machen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sagte der »Welt«: »Der Vertrag mit Herrn Sarrazin muss in allen Einzelheiten offengelegt werden – auch die Art und Weise, wie er zustande gekommen ist.«
Über die Umstände des Rückzugs von Sarrazin aus dem Bundesbankvorstand hatte es unterschiedliche Darstellungen gegeben: Sarrazin hatte sein Einlenken damit begründet, dass er Bundespräsident Wulff nicht in eine ausweglose Lage treiben wollen. Er habe das Amt des Bundespräsidenten nicht beschädigen wollen.
Nach anderen Darstellungen war Wulffs Amt stärker als eingestanden in die Vereinbarung für Sarrazins Ausscheiden aus dem Banken-Vorstand eingeschaltet. Das Bundespräsidialamt hatte dies aber dementiert. Auch die Bundesbank hatte zurückgewiesen, sie habe sich die Bedingungen für Sarrazins Rückzug vom Präsidialamt diktieren lassen.
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