Gabriel will »Integrationsunwillige« ausweisen
SPD-Vorsitzender schwenkt bei Umgang mit Migranten auf Linie von Bundeskanzlerin Merkel ein
Berlin (AFP/ND). »Wer auf Dauer alle Integrationsangebote ablehnt, der kann ebenso wenig in Deutschland bleiben wie vom Ausland bezahlte Hassprediger in Moscheen«, sagte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel am Montag zu »Spiegel Online«. Er forderte zugleich, Förderangebote für Migranten auszuweiten und Ganztagsschulen auszubauen.
Wer seine Kinder nicht regelmäßig und pünktlich in die Schule schicke, »dem schicken wir die Polizei vorbei und der zahlt auch empfindliche Bußgelder«, drohte Gabriel integrationsunwilligen Ausländern an. Dies müsse für Deutsche und Migranten gleichermaßen gelten. Gabriel sprach sich auch für »deutlich mehr polizeiliche Präsenz« in Kriminalitätsbrennpunkten aus. Von den umstrittenen Thesen des scheidenden Bundesbank-Vorstands Thilo Sarrazin zur Ausländer- und Integrationspolitik grenzte sich Gabriel aber scharf ab.
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles wies in Berlin darauf hin, es gehe der SPD nicht um neue Vorschriften. »Die bestehenden Gesetze müssen aber in aller Konsequenz angewandt werden«, sagte Nahles nach einer Sitzung des Parteipräsidiums weiter. Beispielsweise seien Bußgelder bei häufigem Schulschwänzen schon heute möglich. Neben vielen Migranten, die sich gut integrierten, gebe es nun einmal »große Gruppen, die ihre Integration nicht motiviert genug betreiben«.
Kritik an den Äußerungen Gabriels äußerte der SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy. »In den Mittelpunkt der Integrationsdebatte gehört sicherlich nicht die Frage von Strafen, sondern die Frage, wie diese durch eine bessere und gezieltere Bildungspolitik gar nicht erst verhängt werden müssen«, sagte Edathy zu »Handelsblatt Online«. Würden dauerhaft Angebote nicht angenommen, bleibe dies allerdings nicht folgenlos. Dafür sei das bestehende Sanktionssystem jedoch grundsätzlich ausreichend.
Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck warf Gabriel »populistische Stammtischpolitik« vor. Beispielsweise ließen sich Schulschwänzer nicht von der Polizei beeindrucken, sondern von einer neuen Bildungspolitik und Angeboten von Sozialarbeitern.
Am Wochenende hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel ebenfalls ein hartes Vorgehen gegen integrationsunwillige Einwanderer angekündigt.
Die Gewerkschaft GEW kritisierte derweil Kürzungen der Bundesregierung bei Integrationskursen. Denen, die sich um Integration bemühten, sei »ein Knüppel zwischen die Beine geworfen worden«, sagte der GEW-Vorsitzende Ulrich Thöne. Kommentar Seite 4
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