Bauen mit Kreide und Leinöl
Die Thüringer Ankersteine sind das älteste Systemspielzeug der Welt. Sie erleben eine Renaissance
Rudolstadt. Ankersteine »Made in Rudolstadt« sind seit ihrer Neuauflage in den 90er Jahren weltweit gefragt. »Es gibt keinen Erdteil, wo wir nicht hinliefern«, sagt die Geschäftsführerin der Anker Steinbaukasten GmbH, Bettina Schiebel. Egal ob USA, Chile, Südkorea oder Japan – überall finden die Bauklötze, die auf das pädagogische Konzept der Spielgaben von Kindergarten-Erfinder Friedrich Fröbel zurückgehen, ihre Fans. Jetzt wird das älteste Systemspielzeug der Welt 130 Jahre alt.
Die Exportquote liegt nach Unternehmensangaben bei etwa 50 Prozent. Inzwischen gibt es mehr als 200 verschiedene Steine, die teils auf alten Handpressen hergestellt werden. Entwickelt wurde das System von den Luftfahrtpionieren Otto und Gustav Lilienthal aus einer Mischung von Quarzsand, Schlämmkreide, Farbpigmenten und Leinöl. »Die Rohstoffe sind bis heute dieselben geblieben«, erklärt Schiebel. Der Clou daran: Mit den Steinen können ohne Steckverbindungen Bauwerke aufgestellt werden, die viel stabiler sind als Bauten aus Holzklötzen. »Anker-Freunde bauen zwei Meter hoch, ohne die Steine zu verkleben«, erzählt Schiebel. Doch die Brüder Lilienthal hatten keinen Erfolg bei der Vermarktung der Bausteine. Sie verkauften ihr Rezept an den Unternehmer Friedrich Richter. Er errichtete 1880 eine Fabrik für die Produktion der Steinbaukästen in Rudolstadt und verkaufte das Spielzeug fortan in alle Welt. Bis 1963 waren es Schätzungen zufolge rund fünf Milliarden Ankerbausteine in vierhundert verschiedenen Baukastentypen. 1963 hat die DDR die Produktion von Ankersteinen eingestellt, um die Anlagen anderweitig zu nutzen«, sagt Schiebel. Erst nach der Wiedervereinigung seien die Ankersteine neu erfunden und im September 1995 das heutige Unternehmen gegründet worden. Es wurde 2009 von Gerhard Gollnest und Fritz-Rüdiger Kiesel übernommen, die ein Handelshaus für traditionelles Spielzeug in Schleswig-Holstein betreiben.
In den kommenden Jahren soll laut Schiebel die Produktion in Rudolstadt ausgebaut und das Spektrum der Steinformen erweitert werden. Dann würden auch weitere Mitarbeiter gebraucht, sagt sie. Derzeit arbeiten ihren Angaben zufolge zwölf Menschen in dem Unternehmen.
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