Im Wolfsburger Sumpf

Neues in der CDU-Stadtwerke-Affäre: In einer Nacht-Aktion sollen Akten beseitigt worden sein

  • Mirko Knoche
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Korruptionsverdacht in der Wolfsburger Parteispendenaffäre erhärtet sich. Die LINKE drängt auf einen Untersuchungsausschuss.

Die Vorwürfe wegen unerlaubter Finanzierung von CDU-Wahlkämpfen in Niedersachsen ziehen immer weitere Kreise. Ein Wachmann will Presseberichten zufolge beobachtet haben, dass nachts Akten aus dem Verwaltungsgebäude der Stadtwerke geschafft wurden. Der Vorstandschef und der Pressesprecher der Stadtwerke sollen auf Kosten des kommunalen Betriebes Wahlkampf für die niedersächsische CDU gemacht haben.

Die ermittelnde Staatsanwaltschaft Braunschweig habe die Gerüchte von der Aktenbeseitigung zur Kenntnis genommen, bestätigte Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe auf Nachfrage von ND. Ob die Strafverfolgungsbehörde deshalb Hausdurchsuchungen anordnen werde, könne man naturgemäß nicht im Voraus bekannt geben.

Eilantrag scheitert

Wolfsburgs Stadtwerke-Chef Markus Karp und sein Pressesprecher Maik Nahrstedt (beide CDU) sollen über einen Zeitraum von rund zehn Jahren Leistungen des städtischen Versorgungsbetriebs verschoben haben. Die Schadensschätzungen bewegen sich zwischen 400 000 und einer Million Euro. Karp und Nahrstedt sollen Diensthandys, Firmenwagen und Bürolaptops für mehrere Wahlkampagnen zweckentfremdet haben. Außerdem werden beide verdächtigt, ihre Wahlkampfreisen und Telefonkosten nicht der CDU, sondern den Stadtwerken in Rechnung gestellt zu haben.

Die Braunschweiger Staatsanwaltschaft wirft Nahrstedt und Karp nun Untreue vor. Karp soll sich auch der Korruption zugunsten der Landes-CDU schuldig gemacht haben. Die Ermittlungen waren letzte Woche ins Rollen gekommen, als Nahrstedt sich selbst und seinen Chef Karp in einem Schreiben an den Aufsichtsrat der Stadtwerke schwer belastet hatte. Die beiden Korruptionsverdächtigen hatten sich zuvor zerstritten. Als die Vorwürfe letzte Woche bekannt wurde, feuerte Karp seinen Sprecher fristlos und ließ sich selbst beurlauben. Nahrstedt, der auch Betriebsrat ist, scheiterte am Dienstag vor Gericht mit einem Eilantrag gegen sein Hausverbot.

Auch Wolfsburgs Oberbürgermeister Rolf Schnellecke (CDU) ist in die Schusslinie geraten. Sein Wahlkampf soll ebenfalls in den Räumlichkeiten der Stadtwerke organisiert worden sein. Nach Angaben der Wolfsburger LINKE-Abgeordneten Pia Zimmermann versucht sich Schnellecke mit einer »unglaubwürdigen E-Mail« zu schützen. In der Nachricht habe Nahrstedt erklärt, für seine Partei nur vor Arbeitsbeginn und nach Dienstschluss zur Verfügung zu stehen. Die Staatsanwaltschaft schließt derzeit nicht aus, dass weitere Personen in die Affäre verwickelt sein könnten. Zu den möglichen Beteiligten zählen nach Auffassung der Opposition im Hannoveraner Landtag auch Ministerpräsident David McAllister und Bundespräsident Christian Wulff (beide CDU).

Was wusste die Zentrale?

Der Wolfsburger Nahrstedt beschreibt in seinem Teilgeständnis detailliert seine Aktivitäten im Landtagswahlkampf 2003. McAllister war damals niedersächsischer CDU-Generalsekretär und Wulff eroberte das Ministerpräsidentenamt als Spitzenkandidat der Union. Die Landes-CDU hat einen ausführlichen Bericht angekündigt. Der Bundespräsident hat sich bislang nicht geäußert.

Pia Zimmermann ist indessen überzeugt, dass die mutmaßlichen Korruptionsfälle bei den Wolfsburger Stadtwerken nicht zehn Jahre lang unentdeckt bleiben konnten. »Die CDU-Zentrale muss davon gewusst haben«, so Zimmermann gegenüber ND.

Für die Parlamentssitzung in der übernächsten Woche hat die LINKE-Fraktion bereits eine Aktuelle Stunde zum Thema beantragt. Zimmermann will außerdem SPD und Grüne überzeugen, gemeinsam einen Untersuchungsausschuss einzusetzen.

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