»Für einen Wochentag ganz gut«
Am Mittwoch wollen doch mehr Gewerkschafter als angekündigt zur Demo nach Brüssel fahren
Nächsten Mittwoch ist der zentraler Auftakt für den angekündigten »Heißen Herbst«: Dann wird eine Euro-Demo durch die Europa-Metropole Brüssel ziehen, wo an diesem Tag die EU-Finanzminister zu einem Treffen zusammenkommen. Gleichzeitig werden in vielen Ländern des Kontinents regionale Demonstrationen stattfinden. In Spanien und Griechenland rufen die Gewerkschaften zudem zu einem Generalstreik gegen die Ausgabenkürzungen der sozialdemokratischen Regierungen auf.
Der EGB warnt in seinem Aufruf, dass durch die europaweit vorgenommenen Sparmaßnahmen nach der Finanzkrise eine erneute Rezession und ein Anstieg der Arbeitslosigkeit droht. Er wendet sich gegen Einschnitte bei Gehältern und Renten, Prekarisierung und soziale Ausgrenzung. »Diese Krise haben nicht wir zu verantworten, die Rechnung muss von den Banken bezahlt werden und nicht von den Arbeitnehmern.« Zu den aktuellen Forderungen des EGB gehören die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, eine nachhaltige Industriepolitik zur Senkung der Kohlenstoffemissionen und die Verhinderung von europaweitem Sozialdumping durch steuerrechtliche Koordinierung und Transparenz.
Als deutsche Beteiligung hatte die Berliner DGB-Zentrale ursprünglich lediglich 800 Gewerkschafter aus den relativ nah an der belgischen Grenze gelegenen Bezirken und Regionen angekündigt. Inzwischen deutet sich an, dass am Mittwoch deutlich mehr deutsche Gewerkschafter mitdemonstrieren werden. »Für einen Wochentag ganz gut« ist einem Aachener DGB-Sekretär zufolge der Anmeldestand für die Busfahrt nach Brüssel. Obwohl Hessen nach ursprünglichen DGB-Plänen nicht mobilisieren sollte, wird in aller Frühe ein Bus vom Frankfurter Gewerkschaftshaus starten. »Von uns kommen auch griechische Bäcker und italienische Köche in Arbeitskleidung mit«, kündigt der Frankfurter NGG-Sekretär und Bundesstreikbeauftragte Jürgen Hinzer an: »Einige stehen schon um zwei Uhr auf, um rechtzeitig um halb fünf in Frankfurt den Bus zu kriegen.« Besonders stark in Brüssel vertreten sein werden deutsche Bergleute. Allein aus ihren Reihen dürften es mindestens 1200 Teilnehmer werden, bestätigt ein Sprecher der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) am Donnerstag auf ND-Anfrage.
Die Kumpel reisen aus den deutschen Steinkohlerevieren an Ruhr und Saar sowie im Raum Ibbenbüren an und werden in ihrer Arbeitskleidung in Brüssel einen eigenen Block bilden. Sie wollen gegen den Vorstoß der EU-Kommission protestieren, alle Bergwerke bereits bis 2014 stillzulegen. Damit wollen sie die Bundesregierung an die 2007 getroffene Vereinbarung erinnern, wonach die Kohleförderung erst im Jahre 2018 auslaufen soll. Alle Bergarbeiter, die nicht nach Brüssel fahren, sind für Mittwoch zu Betriebsversammlungen geladen. IG BCE-Chef Michael Vassiliadis hat sich für diesen Tag ein ehrgeiziges Programm vorgenommen. Ab sechs Uhr früh wird er die Versammlungen in vier Zechenstandorten an der Ruhr besuchen und danach nach Brüssel eilen, wo er als Redner auf der Abschlusskundgebung eingeplant ist.
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