Ein Ei für Carstensen

In Schleswig-Holstein gehen die Proteste gegen die geplante Fehmarnbelt-Querung weiter

  • Dieter Hanisch, Großenbrode
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Widerstand gegen das Fehmarnprojekt an der Ostsee hält an. Ein Ausstieg wäre noch möglich.

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) geht in Großenbrode vorbei an rund 100 lautstarken Protestlern, die sich gegen das Projekt feste Fehmarnbelt-Querung aussprechen. Da fliegt plötzlich ein Ei aus der Menge und verfehlt den Regierungschef nur knapp. Der Widerstand vor Ort ist längst von der Ostseeinsel auf das Festland des Kreises Ostholstein übergesprungen.

Die Polizei identifizierte einen 45-jährigen Mann als den Werfer und ermittelt nun nach eigenen Angaben wegen Körperverletzung, weil ein Journalist in unmittelbarer Nähe Carstensens getroffen wurde. Das schleswig-holsteinische Regierungsoberhaupt hatte sich zu Gesprächen mit örtlichen Kommunalpolitikern, dem ostholsteinischen Landrat Reinhard Sager (CDU) und dem Vorstandsvorsitzenden der dänischen Planungsgesellschaft Femern A/S, Leo Larsen, getroffen, um das »Jahrhundertprojekt« (O-Ton Carstensen) weiter festzuzurren.

Es war bereits die vierte Runde dieser Art, wobei sich für Carstensen nach Unterzeichnung des deutsch-dänischen Staatsvertrages zur festen Querung nach seinen Worten nicht mehr »das Ob, sondern nur noch das Wie« stellt. Dabei beinhaltet der Vertrag bei sich verändernden finanziellen Voraussetzungen durchaus die Möglichkeit des Ausstiegs. Es liegt womöglich an diesem von den Grünen stets angeführten Hinweis, dass sich die Verantwortlichen bezüglich der neuen Kostenentwicklungen bedeckt halten.

Larsen betonte lediglich, dass eine endgültige Entscheidung auf dänischer Seite 2012 fallen dürfte und 2013 dann der Baubeginn erfolgen könnte. Sechs Jahre Bauzeit seien veranschlagt. Er sagte, dass allein von der Kostenbetrachtung her derzeit vieles für eine Tunnelvariante und gegen eine Brücke spricht. Das größte Sorgenkind für eine eigentlich geplante schnellere Verkehrslinie zwischen dem schwedischen Malmö bis nach Hamburg ist aber die deutsche Hinterlandanbindung auf der Schiene. Deutschland hat sich vertraglich dazu verpflichtet und auch zu der Finanzierung. Ferner protestieren die Gemeinden entlang der Bahn-Trasse. Sie fürchten, dass mit dem zusätzlichen Verkehrsaufkommen der Tourismus kaputt gemacht wird.

Die anfangs mehrheitlich der festen Querung wohl gesonnene SPD in Schleswig-Holstein kommt zunehmend ins Grübeln. Bis zu ihrem nächsten Landesparteitag im Frühjahr 2011 soll eine Beschlussresolution vorgelegt werden, die dann auch Eingang ins Wahlprogramm findet. Derzeit gibt es einen Fragenkatalog, der abgearbeitet werden soll.

Neben den Grünen lehnt die Brücken- oder Tunnelquerung mit Hinweis auf herausgeworfene Milliarden und umweltpolitische Bedenken ab. Für Malte Siegert vom Aktionsbündnis der Projektgegner ist jedoch klar, dass es in der Trassendiskussion nur noch darum geht, die unumgänglich zu erwartenden Nachteile zu minimieren.

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