Guter Kunde, schlechter Kunde

EC-Kartenfirma gab millionenfach Daten ihrer Klienten an Unternehmen weiter

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Offenbar ohne Rechtsgrundlage speichert das deutsche EC-Karten-Unternehmen »easycash« die Daten seiner 50 Millionen Kunden, um deren Zahlungsfähigkeit einzuschätzen.

Ob Supermarkt oder Kaufhaus – das Bezahlen mit einer EC-Karte ist denkbar einfach. Der Kunde gibt seine Karte der Kassiererin, diese steckt das Stück Plastik in ein Lesegerät und schon Sekunden später wird man aufgefordert, zu unterschreiben oder die vierstellige PIN-Zahl einzugeben. Scheinbar zufällig entscheidet der Computer, ob der Kunde per Lastschrift bezahlen darf oder seinen PIN-Code eingeben muss.

Doch was wie Zufall aussieht, ist in Wirklichkeit knallhartes Kalkül. Wie Recherchen des Rundfunksenders NDR Info ergaben, soll der größte deutsche EC-Netzbetreiber »easycash« eine riesige Datensammlung angelegt haben, um Auskunft über die Zahlungsfähigkeit der Kunden zu erlangen. Dabei speichert das Unternehmen die Daten fast aller EC-Kartenbesitzer dauerhaft und offenbar ohne Rechtsgrundlage. Vor allem aber ohne das Wissen und Einverständnis der ahnungslosen Kunden. Viele dürften noch nie von dem Unternehmen mit Sitz im nordrhein-westfälischen Ratingen gehört haben. Dabei weist »easycash« eine beeindruckende Bilanz auf: Allein im vergangenen Jahr wickelte die Firma mehr als 980 Millionen Zahlungstransaktionen ab – mit einem Gesamtvolumen von 52 Milliarden Euro.

Die leistungsstarken Computer von »easycash« speichern bei jedem Bezahlvorgang die Umsatz- und Kartendaten – also auch Betrag, Zeitpunkt und Ort der Zahlung. Somit entsteht im Laufe der Zeit ein sehr genaues Profil. Dafür interessieren sich wiederum die rund 92 000 gewerblichen Kunden von »easycash«. Also Handelsriesen wie Real oder Netto.

Bezahlt ein Konsument im Kaufhaus mit EC-Karte, wird seine Bonität von »easycash« in Sekundenschnelle geprüft. Die Bewertung zeigt, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Kunde auch zahlt. Somit entscheidet sich, ob der Kunde per Lastschrift bezahlen kann oder seine PIN-Nummer eingeben muss. Tut er dies, dann garantiert die Bank für den Eingang der Zahlung. Diesen PIN-Service lassen sich die Banken aber mit 0,3 Prozent vom Umsatz, mindestens aber mit 8 Cent pro Bezahlvorgang vergüten. Kein Wunder, dass große Handelriesen die Zahlung per Lastschrift bevorzugen. Denn sie kostet nichts. Und hier hilft »easycash« mit dem Kundenscoring. Arme oder Menschen, die selten mit Karte zahlen, landen so automatisch in der Kategorie »schlechter Kunde«.

Nachdem der NDR die Geschäftspraxis von »easycash« publik gemacht hatte, hagelte es am Donnerstag Kritik von Daten- und Verbraucherschützern. »Wir halten es für einen Skandal, dass am Verbraucher vorbei solche Datenbanken aufgebaut werden«, so der Bankenexperte des Bundesverbandes Verbraucherzentrale (vzbv) gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Fakt ist, »easycash« agiert in einer Grauzone. Selbst ein Manager des Unternehmens musste zugeben, dass die datenschutzrechtlichen Einschätzungen »länderspezifisch etwas auseinander« gehen. Besonders pikant: Am Standort des Unternehmens in Nordrhein-Westfalen sind Datenschützer laut NDR der Meinung, dass »easycash« die Rechtslage nicht richtig »interpretiere«. Zudem wollen die Datenschützer der Länder am 12. Oktober entscheiden, ob die Rechtsgrundlagen für Zahlungsdienstleister wie »easycash« überhaupt ausreichend sind.

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