Buttermilch zur Stärkung
Mit dem Ranger Klaus Melde auf Tour im Nationalpark Berchtesgaden
Auf der Schapbach Alm auf 1040 m.ü.M. im Nationalpark Berchtesgaden ist Ranger Klaus Melde immer willkommen. Sennerin Christine Rasthofer spendiert dann gerne einen Becher frische Buttermilch und erfährt im Gegenzug das Neueste aus dem Tal. Seit zwölf Jahren verbringt die 37-jährige Bäuerin jedes Jahr vier Monate auf der Alm. Dann heißt es morgens um fünf Uhr aufstehen, sieben Kühe melken, Butter und Käse machen. Sie wohnt in einer 400 Jahre alten Hütte, in der die Räume niedrig sind und die kleinen Fenster kaum Licht hereinlassen. Dennoch ist alles praktisch und gemütlich. Bei allzu schlechtem Wetter finden gleich nebenan, sozusagen Wand an Wand, die Kühe Gabi, Scheckei, Susan, Sengei, Gusti, Christine und Zilli Unterschlupf im Stall.
Auf der Holzbank vor der Hütte genießt der Ranger seine kurze Verschnaufpause und blickt auf den mächtigen Watzmann, der mit seinen 2713 m der zweithöchste Berg Deutschlands ist. Seine 2000 Meter hohe und steile Ostwand ist die längste in den Ostalpen und kostete leider schon vielen Bergsteigern das Leben. Denn bei plötzlichem Wetterwechsel, wenn das Steinprofil nicht mehr griffig, sondern nass und rutschig wird und sich die Sicht verschlechtert, dann ist der Gipfel nur noch mit viel Glück zu erreichen.
Bei solchem Wetter kommt einem unwillkürlich die grausame Sage in den Kopf, die vom schrecklichen König Wazemann erzählt, der wegen seiner vielen Gräueltaten samt Frau und fünf Kindern in Stein verwandelt wurde und seither das Gipfelprofil des Bergmassivs darstellt.
Seit 1991 gilt das alpine Naturgebiet rund um den Königssee als Nationalpark und wurde auch von der UNESCO als Biosphärenreservat anerkannt.
Klaus Melde (44) ist seit sechs Jahren bei der Rangertruppe. »Man wird nach Eignung eingestellt«, erzählt er. Lehrgänge wie in Forstschutz und Naturschutzwacht schulen zusätzlich die insgesamt 17 Ranger im Alter von 35 und 60 Jahren. Melde ist zuständig für die Umweltbildung und kümmert sich um die Praktikanten und vor allem auch um Kinder und Jugendliche. Für den engagierten Naturfreund ist es immer wieder ein Erlebnis, mit den Kindern zum Beispiel hinauf zum Funtensee zu steigen. »Viel zu wenig«, so der Ranger, »kommen die jungen Menschen aus den großen Städten mit der Natur zusammen. Doch es ist ganz wichtig, dass sie den Freiraum der Natur für sich entdecken.«
Auf seinen Touren erzählt Melde gerne von den Murmeltieren, den Steinböcken und Gämsen, die zahlreich im Naturpark leben. »Eine ganz besondere Erfolgsstory«, freut er sich, »ist die Wiederansiedlung des Steinadlers«. Vor Jahren war er vom Aussterben bedroht. Heute befinden sich an 17 verschiedenen Stellen im Revier Horste mit Brutstellen.
Meldes Weg führt ihn heute auf die Kühroint Hütte (1420 m) am Watzmann, wo er den Revierleiter Hans Neubauer trifft. Sein Aufgabengebiet ist die 5600 Hektar große Waldfläche, die 2007 der Sturm Kyrill heimsuchte und nun der Borkenkäfer, der die gesunden Bäume befällt. »Mit Hubschrauber und schwerem Gerät versuchen wir die befallenen Stämme zu eliminieren, um somit die gesunden Bäume zu retten«, sagt Neubauer.
Während wir noch unterwegs sind, bereitet Hüttenwirt Ralf Voss das Abendessen vor. In seiner kleinen Küche zaubert er mit viel Geschick feine Gerichte. Vom Klassiker, Kaiserschmarrn mit Apfelmus, bis hin zum Steinpilzrisotto milanese. Auf seiner Hütte können 30 Personen übernachten. Nach dem Abendessen unterhält man sich über Gott und die Welt. Vor der überdachten Terrasse erhebt sich das schroffe Watzmannmassiv. Und wie zur Mahnung erinnert die kleine Kapelle St. Bernhard an die Bergopfer im Gebiet. Ab und zu läutet noch eine Kuhglocke, doch dann wird`s dunkel und ganz still auf der Kühroint Alm.
- Infos: www.berchtesgadener-land.info, www.nationalpark-berchtesgaden.bayern.de
- Kühroint Hütte: www.kuehroint.com
- Hüttenwirteverein: www.huettenwirte.com
- Literatur: Joachim Burghardt, »Vergessene Pfade um den Königssee«, 32 außergewöhnliche Touren, Bruckmann Verlag, 19,95 €
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