Hartz IV: SPD erwägt Zustimmung
Arbeitslose wollen »Krach schlagen statt Kohldampf schieben«: Demo am 10. Oktober in Oldenburg
Berlin (Agenturen/ND). Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier sieht die SPD unter Zugzwang, die Erhöhung der Regelsätze um nur fünf Euro mitzutragen. »Wenn man fünf Euro ablehnt, kommt womöglich gar keine Erhöhung zustande«, sagte der CDU-Politiker am Dienstag in Berlin mit Blick auf die nötige Zustimmung des Bundesrats. Dort haben Union und FDP keine eigene Mehrheit mehr. Bei einem Nein des Bundesrates würde es auch das Bildungspaket für die Kinder der Hartz-IV-Betroffenen nicht geben, so Altmaier weiter. Für die Opposition würde es schwierig, das zu erklären. Er sei optimistisch, dass die Koalition die Unterstützung in der Länderkammer bekommen und das Gesetz in Kraft treten wird. Zugeständnisse an SPD und Grüne würden nicht gemacht.
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) warnte die Opposition ebenfalls vor einer Blockade der Hartz-IV-Reform im Bundesrat und machte Stimmung gegen die Langzeitarbeitslosen. »Ich hoffe nicht, dass SPD, Grüne und Linkspartei Steuern für die Berufstätigen erhöhen wollen, um Ausgaben für Alkohol und Tabak weiterhin in die Berechnung für höhere Hartz-IV-Sätze einzubeziehen«, sagte er der »Bild«-Zeitung. Union und FDP hatten im Koalitionsausschuss am Sonntag entschieden, dass der Hartz-IV-Regelsatz für Erwachsene im kommenden Jahr von 359 auf 364 Euro steigen soll. Die nach Alter gestaffelten Regelsätze für Kinder von 215, 251 und 287 Euro im Monat bleiben unverändert. Die Kinder sollen aber zusätzliche Sachleistungen für Bildung und Freizeit erhalten.
Die SPD-regierten Bundesländer haben nach den Worten des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) noch nicht entschieden, ob sie die neuen Regelungen im Bundesrat blockieren wollen. »Beschlossene Sache ist das noch nicht«, sagte Beck der »Bild«-Zeitung. »Wir kritisierten nicht das Prinzip von Hartz IV«, betonte er. Es gebe aber erhebliche Zweifel, »ob bei der Neuberechnung alles mit rechten Dingen zugegangen ist«.
SPD-Parteichef Sigmar Gabriel machte die Zustimmung der Sozialdemokraten zu den Hartz-IV-Plänen der Bundesregierung von Verhandlungen über Mindestlöhne abhängig. Die neuen Hartz-IV-Regelsätze und Mindestlöhne müssten gemeinsam im Bundesrat verhandelt werden, sagte Gabriel am Dienstag in Berlin.
Während der DGB die Regierungspläne mit harschen Worten geißelt, wollen Erwerbslose auf die Straße gehen. »Wer soziale Kälte predigt, wird heiße Antworten bekommen«, sagte DGB-Chef Michael Sommer der »Passauer Neuen Presse«. Er verlangte eine breite gesellschaftliche Debatte darüber, was für ein menschenwürdiges Leben notwendig ist. Sommer sprach sich auch dafür aus, Genussmittel wie Zigaretten in die Berechnung des Hartz-IV-Satzes mit einzubeziehen.
Unter dem Motto »Krach schlagen statt Kohldampf schieben« wollen Erwerbslose gegen die Hartz-IV-Beschlüsse der Bundesregierung protestieren. Zu der Demonstration am 10. Oktober im niedersächsischen Oldenburg würden Teilnehmer aus ganz Deutschland erwartet, sagte am Dienstag Mitorganisatorin Gitta Barufke von der Aktionsgemeinschaft arbeitsloser Bürger in Bremen. Mit Töpfen und Kochlöffeln wollen die Initiatoren lautstark auf die unzureichenden Hartz-IV-Regelsätze aufmerksam machen. Sie fordern mindestens 80 Euro monatlich mehr für Lebensmittel. Der Hartz-IV-Satz reiche nicht einmal aus, um den grundlegenden täglichen Energiebedarf eines Erwachsenen von etwa 2500 Kalorien zu decken, kritisierte Guido Grüner von der Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg. Bereits am heutigen Mittwoch wollen tausende Bürger in Berlin unter dem Motto »Wir zahlen nicht für eure Krise« gegen Hartz IV und die Gesundheitsreform protestieren.
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