Mit milder Kürze gegen die LINKE
NRW-Verfassungsschutz-Bericht vorgestellt
Auf weniger als einer Druckseite werden die »Erkenntnisse« über angebliche extremistische Bestrebungen des als parteilinks geltenden NRW-Landesverbandes referiert. Sachlich wird dargelegt, dass ein Entwurf des Landtagswahlprogrammes zu »kritischen Stimmen« geführt habe. In der Programmdebatte habe sich »der antikapitalistische Teil der Partei unter maßgeblichem Einfluss der extremistischen Strömungen« durchgesetzt. Beschlossen wurde das Programm im November 2009 in Hamm. Im eigentlichen Berichtszeitraum – dem ersten Halbjahr 2010 – fanden die Verfassungsschützer offenbar nichts Kritikables. Denn der Rest des Textes beschäftigt sich mit den Erfolgen der LINKEN bei der Landtagswahl im Mai.
Kürzer, milder, sachlicher – so fällt die LINKE-Passage im aktuellen VS-Bericht aus, wenn man sie mit früheren Veröffentlichungen vergleicht. Zum Beispiel mit jenem VS-Bericht, den der damalige Innenminister Wolf (FDP) im März vorstellte. »In der Formulierung ›rational, sozial gerecht, nachhaltig und demokratisch‹ … sind alle Elemente enthalten, die auch die Forderung nach einer realsozialistischen Planwirtschaft denkbar erscheinen lassen«, hieß es da über das Landtagswahlprogramm der NRW-LINKEN. Was eine denkbar erscheinende Forderung ist, ließen die Schlapphüte offen. LINKEN-Politiker erhoben derweil den Vorwurf, Wolf instrumentalisiere die 338-Mitarbeiter-Behörde für politische Zwecke.
Gleichwohl nimmt NRW noch immer eine Sonderstellung ein: In den meisten Bundesländern wird DIE LINKE nicht mehr vom Verfassungsschutz beobachtet. »Die Vorwürfe werden immer inkonkreter«, moniert Rüdiger Sagel, Vize-Vorsitzender der Linksfraktion. Und fordert: »Minister Jäger muss die Überwachung der NRW-LINKEN endlich einstellen«.
Bei der Vorstellung des neuen VS-Berichts warnte Jäger gestern vor einer neuen Qualität rechter Gewalt: »Rechtsextremisten schrecken heute selbst vor selbstgebastelten Sprengkörpern nicht zurück«. Der Sozialdemokrat bezog sich mit diesen Aussagen offensichtlich auf explosives Material, das unlängst bei einem Aachener Neonazi gefunden wurde. Eine neue Sorge des Ministers nährt die Ausbreitung des Salafismus: Auf diese »radikal-islamistische Strömung« richte der NRW-Verfassungsschutz ein besonderes Augenmerk. Denn sie propagiere die Unterdrückung der Frau, strebe einen Gottesstaat an und lehne den bewaffneten Jihad nicht grundsätzlich ab. Es drohe eine weitere Radikalisierung, die vereinzelt in Terrorismus münden könne. Zu allem Überfluss nutzten Rechtsextremisten das Thema Salafismus, »um Islamisierungsängste zu schüren und für ihre Zwecke zu instrumentalisieren«. Im niederrheinischen Mönchengladbach tobt derzeit ein Konflikt über die Ansiedelung eines salafistischen Zentrums.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.