Freudentaumel in Chile: Erste Kumpel gerettet
Als erster der 33 verschütteten Männer war Florencio Ávalos um kurz nach Mitternacht Ortszeit (05.10 Uhr MESZ) mit der engen Rettungskapsel aus dem unterirdischen Gefängnis befreit worden. Es folgten Mario Sepúlveda und Juan Illanes. Danach kletterte der einzige Nicht-Chilene, Carlos Mamani aus Bolivien, aus der Kapsel. Es folgte der Jüngste der Gruppe, Jimmy Sánchez. Der 19-Jährige wirkte anders als die Geretteten zuvor sichtlich angeschlagen. Die Männer fielen zuerst ihren Angehörigen in die Arme. Mario Sepúlveda schrie sein Glück heraus und führte einen wahren Freudentanz auf. Rund um den Globus wurde die Rettung live verfolgt, Mitfiebernde verschickten Internetbotschaften, US-Präsident Barack Obama wünschte ebenfalls Glück.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) zeigte sich sehr erfreut und erleichtert über den erfolgreichen Beginn der Rettungsaktion. "Ganz Deutschland freut sich mit den Bergleuten und ihren Angehörigen. Der erfolgreiche Beginn dieser Rettungsaktion ist ein modernes Wunder", sagte er am Mittwoch nach einer Mitteilung seines Amtes. Angehörige und auch die rund 1600 Journalisten aus aller Welt reagierten im Lager Esperanza bei der Mine San José mit Jubelschreien, Hochrufen, Beifall und Freudenausbrüchen auf jede neue Rettung. Auch bei Berichterstattern flossen die Tränen. Luftballons in den chilenischen Nationalfarben Rot, Weiß und Blau stiegen in den klaren Nachthimmel.
"Die Erde hat einen Mann geboren", formulierte das chilenische Staatsfernsehen, als der erste Kumpel aus der engen Rettungskapsel "Fenix 2" stieg. "Das hat den chilenischen Traum erfüllt", sagte Präsident Piñera voller Stolz.Sepúlveda wurde wie ein Rockstar bejubelt, Illanes antwortete auf die Frage, wie die Fahrt denn gewesen sei: "Wie eine Vergnügungstour." Die Bilder von der unglaublichen Freude über die Rettung konnten auch die anderen Kumpel in mehr als 600 Metern Tiefe sehen, die einer nach dem anderen nach oben gezogen werden sollen. Dafür sind bis zu zwei Tage veranschlagt.
Die Geretteten wurden in ein bereitstehendes Behelfslazarett getragen, wo sie kurz untersucht werden sollten. Je vier sollen zusammen per Hubschrauber in die Klinik der nahe gelegenen Stadt Copiapó geflogen werden. Zuvor waren Retter zu den Kumpeln herabgelassen worden. Als der erste, Manuel Gonzalez, unten ankam, war auf Live-Bildern zu sehen, wie er von den seit knapp 70 Tagen Verschütteten euphorisch und überglücklich begrüßt wurde. "Ich bin so froh, danke Gott, dass er gut zurückgekommen ist", sagte der Vater von Ávalos. "Alles Schlimme liegt jetzt hinter uns und alles Schöne vor uns", sagte Alicia Campos, Mutter von Daniel Herrera. Er steht auf der Liste der zu Rettenden auf Nummer 16. Die Bergleute saßen seit dem 5. August in der Kupfer- und Goldmine in der Atacama-Wüste fest. Erst nach 17 Tagen konnten sie ein Lebenszeichen absetzen.
"In den ersten Tagen, als wir nicht wussten, ob sie noch leben, ob sie tot sind oder wo sie sind, haben vielleicht manche die Hoffnung aufgegeben. Aber andere nicht. Deshalb hat Chile sich bewiesen", sagte Piñera.
Fotostrecke
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.