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Kamingespräch ohne Kamin über Kriege in aller Welt

Konferenz der »Zeit« mit Karl-Theodor zu Guttenberg, Vertretern der Bundeswehr und der Rüstungsindustrie

  • Susann Witt-Stahl
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Wochenzeitung »Zeit« lud zu einem Stelldichein von Rüstungsindustrie, Bundeswehr und politischen Eliten nach Hamburg. Friedensaktivisten kritisierten die »Kriegskonferenz«.

Politische Macht, Militär, Medien und Moneten schmieden in Krisenzeiten eiserne Allianzen. Diese – zuweilen unheiligen – wurden, nicht zuletzt aus vergangenheitspolitischen Gründen, in Deutschland meist schamvoll verborgen. Spätestens seit Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg (CSU) das Bundesministerium der Verteidigung führt, wird zusehends unbefangen die 1919 von Karl Kraus zu Papier gebrachte »barbarische Melodie« des deutschen Nationalismus angestimmt.

Freilich geschieht das in der Gegenwart dezenter als damals. Hieß es weiland in donnerndem Dur »Heil Krupp und Krieg!«, drückt Kai Horten, Geschäftsführer der zu ThyssenKrupp und EADS gehörenden Atlas Elektronik, heute seine Freude über das Verschwinden der »ideologischen Vorbehalte« gegen sein Gewerbe in zartem Moll aus: Die Zusammenarbeit mit der Politik laufe »zufriedenstellend«.

Exklusive Runde

Horten gehörte zu den Vertretern führender Rüstungsindustrieunternehmen, die die »Zeit« für ihre zweitägige Konferenz unter dem Titel »Internationale Sicherheitspolitik« neben hochrangigen Militärs zu einem Referat gebeten hatte. Der Eintrittspreis von 1606,50 Euro pro Person in den Spiegelsaal des Fünf-Sterne-Hotels Grand Elysée an der Rothenbaumchaussee ließ keinen Zweifel aufkommen: Die happy few, darunter Reinhard Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der TKMS Blohm + Voss, und der ehemalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD), wollten unter sich sein.

Nach einem Einführungsplenum zum Thema »Maritime Sicherheit« sorgte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg mit einer 40-minütigen Rede für einen glanzvollen Auftakt. Er sprach über die wachsende »Asymmetrie der Bedrohungen« durch internationalen Terrorismus, organisierte Kriminalität, die Konflikte, die demographische Veränderungen und Ressourcenknappheit zeitigen würden, und entfaltete das Horrorszenario eines Cyberwars. Er beklagte das Fehlen einer »nationalen Sicherheitsstrategie« und verteidigte sein Paradeprojekt: die Abschaffung der Wehrpflicht.

Was »Zeit«-Herausgeber Josef Joffe als »kritische Diskussion« angekündigt hatte, offenbarte sich rasch als gemütliches Kamingespräch ohne Kamin. Als es um die Rechtfertigung der deutschen Beteiligung am Afghanistankrieg und zukünftiger »Schattenkriege« – den Einsatz von Drohnen und Spezialkommandos – ging, fungierte Joffe vorwiegend als Stichwortgeber und Steilvorlagenlieferant für den sich in der Brillanz der eigenen akrobatischen Rhetorik sonnenden zu Guttenberg. Der in neokonservativen Kreisen als neuer Messias Gehandelte war aber vor allem auf eines bedacht: die Notwendigkeit der Transformation der Bundeswehr von einer Armee der Verteidigung in eine Armee im Kriegseinsatz zu betonen. »Wir dürfen nicht mehr allein auf eine Kultur der Zurückhaltung, sondern müssen auf eine Kultur der Verantwortung setzen.«

K-Frage und Kritik

Die derzeit hochgekochte K-Frage, die sich Joffe für den Schluss aufsparte, parierte der Bayer demonstrativ mit preußischer Askese: Es sei seine »verdammte Pflicht«, sich den großen Aufgaben des Verteidigungsministers zu stellen, wimmelte zu Guttenberg ab und schob noch ein wenig hanseatisches Understatement nach: »Die Bundeswehrreform wird zu einem Umkehrschub in meiner Beliebtheitskurve führen.«

Bevor sich die Stützen der neoliberalen Gesellschaft an geräuchertem und gebeiztem Rücken vom schottischen Silberlachs labten, versammelten sich vor dem Grand Hotel mehr als 150 Menschen, um gegen die »Kriegskonferenz« und die fehlende Distanz der Medien zu den »Kriegsprofiteuren« zu demonstrieren: »Statt offene Kontroversen zu fördern, lässt sich ›Die Zeit‹ in die Kriegsmaschinerie einspannen«, sagte eine Sprecherin des Bündnisses von Hamburger Friedens- und Antimilitarismusgruppen und der Linksjugend.

»Hätten wir das gewusst, dann hätten wir auch Kritiker eingeladen. Wir haben schließlich nichts zu verbergen«, kommentierte Joffe die Proteste und wurde mit einem ebenso bei- wie selbstgefälligen Gelächter aus dem Publikum belohnt.

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