Frischzellen für Kubas Landwirtschaft

Privat- und Neubauern können Produktionsmittel nun in staatlichen Läden erwerben

  • Knut Henkel
  • Lesedauer: 3 Min.
Um die Nahrungsmittelproduktion voranzubringen, hat Kubas Führung einige Neuerungen eingeführt. So können sich Landwirte nun selbst mit Düngemitteln und Hacken eindecken.

1100 Geschäfte für Agrarbedarf hat Kubas Regierung in den vergangenen Tagen geöffnet, um Privat- und Neubauern den Zugang zu Produktionsmitteln zu gewähren. Ein Schritt, den Agrarspezialisten schon vor Jahren anmahnten. Handschuhe, Macheten und Gummistiefel kaufen Kubas Privat- und Neubauern am häufigsten in den staatlichen Läden. Bereits vor einigen Wochen machten die ersten Geschäfte auf, bevor Anfang dieser Woche das Netz flächendeckend in Betrieb genommen wurde.

Ein Novum, denn bisher gab es auf der Insel für Privatbauern keinen Markt an Produktionsmitteln. Düngemittel, Macheten, Hacken, Spaten und Co. mussten entweder auf dem Schwarzmarkt oder mit Sondergenehmigung und oftmals gegen harte Währung in den Depots des zuständigen Ministeriums gekauft werden. »Alles andere als einfach«, erklärt Miguel Salcines, der vor fünfzehn Jahren eine Agrarkooperative in Alamar, einer Vorstadt von Havanna, gründete. 175 Compañeros arbeiten hier auf elf Hektar Fläche auf der anderen Seite der Bucht von Havanna. Ohne die Unterstützung der Deutschen Welthungerhilfe wäre der Start der Kooperative wohl kaum geglückt. Die sorgte für Arbeitsmaterialien, Saatgut und Treibhäuser; mit dieser Grundlage ist die Genossenschaft stetig gewachsen. Auch jetzt tragen sich die Genossen mit dem Ausbau der Produktion. »Wir wollen produktiver werden und eventuell auch die Ackerfläche erweitern«, erklärte Salcines dem ND. Ein Nadelöhr dabei waren immer die Produktionsmittel, so der 60-Jährige, der bis Mitte der 90er Jahre im Landwirtschaftsministerium tätig war.

Das scheint sich nun endlich zu ändern, denn nachdem in Havanna zunächst zehn Produkte für den freien Verkauf freigegeben wurden, sind es derzeit zwanzig und die Zahl soll bis auf vierzig Produkte steigen, erklärte ein Mitarbeiter der Ministeriums für Binnenhandel gegenüber der »Granma«, der offiziellen Zeitung der Kommunistischen Partei Kubas. Demnach ist ein wahrer Run auf die Produkte, die ausschließlich aus nationaler Produktion stammen, ausgebrochen. Waren für rund sechs Millionen Peso wurden bisher laut dem Ministerium verkauft. Besonders groß war die Nachfrage in klassischen Agrarprovinzen wie Pinar del Río, Villa Clara und Camagüey y Guantánamo, wo erhebliche Menge an Lebensmitteln produziert werden.

Deren Produktion soll steigen und deshalb hat sich die Regierung in Havanna entschieden, die Agrardepots zu öffnen, um vor allem die Neubauern mit Produktionsmitteln zu versorgen. Diese haben seit Oktober 2008 mehr als eine Million Hektar staatliches Land zum Anbau übernommen, waren jedoch bei der Frage der Produktionsmittel allein gelassen worden. Ein Unding in den Augen des kubanischen Agrarspezialisten Ar-mando Nova. Dieser hatte bereits im Oktober 2008 kritisiert, dass »die Reform ein Schlag ins Wasser ist«. Zu bürokratisch sei diese angelegt und die Versorgung der Bauern werde dadurch schlicht nicht gelöst. Das scheint sich mit zweijähriger Verspätung nun zu ändern. Die kommenden Ernten werden zeigen, ob die Maßnahme wirklich greift.

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