Burka-Verbot für höchstens 15 Frauen
In Mönchengladbach soll die Vollverschleierung in öffentlichen Gebäuden verboten werden
Nach einem Monate lange währendem Zwist über die drohende Verlagerung eines radikalislamischen Zentrums des Vereins »Einladung zum Paradies« in den Stadtteil Eicken debattiert Mönchengladbach über ein lokales Burka-Verbot. Vorreiter ist der Mönchengladbacher Bundestagsabgeordnete Dr. Günter Krings, immerhin stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Krings Ziel: In öffentlichen Gebäuden, ferner in Bussen und Bahnen der niederrheinischen Stadt sollen Frauen künftig keine Vollverschleierung tragen dürfen. Ihm zur Hilfe eilt unter anderem die Vorsitzende des lokalen Integrationsrates, Gülistan Yüksel. Auch die Sozialdemokratin befürwortet ein solches Verbot »in öffentlichen Gebäuden wie Schulen«. Ordnungsdezernent Peter Holzenleuchter sagt, die Stadt wolle sich mit der Burka-Frage befassen. »Wir müssen das aber sorgsam prüfen«, so der CDU-Lokalpolitiker.
Aber wen würde das lokale Verbot betreffen? »Wenn ich denn mal beim Einkaufen auf Burkaträgerinnen treffe, dann reden die meisten völlig akzentfrei in unserem regionalen Dialekt«, sagt Reinhold Schiffers, als Bezirksvorsteher Nord auch für den Stadtteil Eicken verantwortlich. Der Verdacht läge sehr nahe, dass es sich dann nicht um Migrantinnen handele, sagt der Sozialdemokrat mit dezent ironischem Unterton. Doch sei das Problem eher marginal: »In Mönchengladbach gibt es maximal 15 Vollverschleierte.«
Der Mönchengladbacher Chirurg Bünyamin Basübüyükhat hat mehrfach Burkaträgerinnen abweisen müssen, die von ihm Medikamente verlangten, aber den Schleier nicht ablegen wollten. Er konnte sie also nicht richtig untersuchen, keine belastbare Diagnose erstellen. Eine Medikamentenverschreibung auf dieser Basis könne er »medizinisch nicht verantworten«, bedauert Basübüyükhat. Der Arzt sagt: »Viele der Frauen waren Deutsche, die konvertiert sind.«
Der grüne Ratsherr Thomas Diehl hat sich vor Ort mit Salafisten unterhalten. Seine Beobachtung: Am Grad der Verschleierung könne man ablesen, wie stark Frauen in den Sog der umstrittenen Gruppe geraten sind. »Die Neuen sind unverschleiert, dann tragen sie ein Kopftuch, einige wenige schließlich die Burka.« Der Anteil der deutschen Frauen unter den Salafisten-Anhängerinnen läge bei bis zu drei Vierteln. »Bei den Vollverschleierten wird es ähnlich sein, sehen kann man es ja nicht«, so Diehl.
Für diese These spricht: Gerade Konvertiten – gleich welchen Geschlechts – sind oft 150-prozentige Anhänger ihrer neuen Lehre. Gleichsam ein Alleinstellungsmerkmal der salafistischen Zum-Paradies-Einlader ist es zudem, hauptsächlich auf Deutsch und mit der Zielgruppe »Deutsche« zu missionieren.
Ihr Starprediger Pierre Vogel, genannt Abu Hamza, ist ein ehemaliger Boxer, Sohn zweier deutscher Eltern – und natürlich Konvertit. Seit 2006 verkündet er die Botschaft des Koran in ihrer wenig moderaten Variante. Vogel brüstet sich damit, hunderte Deutsche zum rechten Glauben bekehrt zu haben. Das Tragen eines Gesichtschleiers sieht er als verpflichtend an.
In der Türkei dürfen Studentinnen an der Universität keinerlei Kopftuch tragen. In Frankreich und Belgien wurde unlängst ein Burka-Verbot beschlossen. Die Junge Union fordert ein solches auch für Deutschland. Das hätte vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand, argumentiert Bundesinnenminister Thomas de Maizière, ebenfalls Christdemokrat.
»Aus meiner Sicht reichen die bestehenden Gesetze aus«, erwidert sein Mönchengladbacher Parteifreund Krings, der Ideenlieferant für das lokale Burka-Verbot. Vieles ließe sich »übers Hausrecht regeln«. Ironie der Geschichte: Deutschlands erstes Burka-Verbot – es würde vor allem deutsche Frauen treffen.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.