Eine Zeitenwende als Wahlziel
LINKE will in Sachsen-Anhalt erstmals stärkste Fraktion werden / Appelle an SPD
Meilenstein, Zäsur, Durchbruch – es hätte einige markante Vokabeln gegeben, mit denen Gregor Gysi den Genossen in Sachsen-Anhalt die Bedeutung der Landtagswahl am 20. März und ihres dabei angestrebten Ergebnisses hätte nahebringen können. Der Fraktionschef im Bundestag griff aber noch eine Etage höher. Sollte die LINKE mit ihrem Spitzenkandidaten Wulf Gallert tatsächlich erstmals in einem Bundesland den Ministerpräsidenten stellen, dann wäre das, so Gysi am Samstag in Magdeburg, nicht weniger als eine »Zeitenwende«.
Zumindest was den eigenen Beitrag zur Zeitenwende angeht, sind die Genossen derzeit auf einem guten Weg. In den Umfragen liegt die Partei bei 30 Prozent, gleichauf mit der CDU. Der Trend zeigte bei dieser jedoch zuletzt nach unten, bei der LINKEN ging es bergauf. Es ist daher keineswegs ausgeschlossen, dass diese ihren Erfolg von der Bundestagswahl wiederholt, als sie die Union hinter sich ließ.
Den Zuspruch fährt ein Landesverband ein, der als eher pragmatisch gilt und dessen Spitzenkandidat Gallert angesichts der Finanzlage im Land erklärt hatte, nicht alle Wunschträume dürften auch in das Wahlprogramm geschrieben werden: Sie wären nicht umsetzbar. Das am Samstag beschlossene Programm konzentriert sich daher vor allem auf Schwerpunkte in Bereichen wie Bildung und Arbeit. Angestrebt werden unter anderem ein verlängertes Lernen in den Schulen, die Rückkehr zur Ganztagsbetreuung in den Kitas auch für die Kinder arbeitsloser Eltern und ein preiswertes Mittagessen in den Schulen. Zudem setzt sich die LINKE für Mindestlöhne und ein Vergabegesetz ein – beides Schritte, damit Sachsen-Anhalt nicht mehr das »Dumpinglohnland Nummer eins« bleibt, so Gallert.
In allen diesen Punkten unterscheiden sich die Ziele der LINKEN diametral von denen der CDU, die als der Hauptkontrahent gilt. Von einem »inhaltlichen und strategischen Gegenangebot zur regierenden CDU« spricht Landeschef Matthias Höhn und deklariert die Wahl zur »Richtungsentscheidung«. Dabei werde sich die LINKE »auf einen harten Wahlkampf einzustellen haben«, ergänzte Gallert. Die CDU versuche bereits jetzt vor allem konservative Wähler mit einer »Angstkampagne« aufzurütteln.
Im Unterschied dazu gibt es zwischen der LINKEN und der SPD, die momentan mit der CDU regiert, nur wenige inhaltliche Differenzen. Ob Tariflöhne, Schulreformen oder Kinderbetreuung – es gebe »große Schnittmengen«, stellt Gallert fest. Dass auf eine Koalition derzeit nur wenig hindeutet, liegt denn auch weniger an den Programmen als an den Umfragen. Dort rangieren die Sozialdemokraten deutlich hinter der LINKEN, mit der sie unter diesen Umständen nicht anbandeln wollen: Ihr Spitzenpersonal hat es wiederholt ausgeschlossen, dass die SPD einen LINKEN zum Regierungschef wählen könnte.
Mehr als appellieren können die LINKEN angesichts dessen nicht. Die SPD habe »gewaltige Glaubwürdigkeitsprobleme«, wenn eine Koalition mit der CDU nicht ausgeschlossen werde, obwohl sie mit dieser viele ihrer Ziele nicht umsetzen könne, sagt Gallert. Allerdings, betont Höhn, habe sich die SPD »selbst in diese Situation begeben und kann sie nur selbst auflösen«. Die LINKE, fügt der Landeschef hinzu, werde keinen Koalitionswahlkampf führen. Sie strebe einen Politikwechsel an – und nicht zu vergessen die Zeitenwende.
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