Test für den Mekong-Hauptstrom

Laos plant ersten riskanten Staudammbau am Unterlauf des Flusses

  • Alfred Michaelis, Vientiane
  • Lesedauer: 3 Min.
In Laos gibt es zwar bereits eine Vielzahl von Staudammprojekten, aber der Hauptfluss des Mekong wurde bislang verschont. Das soll sich ändern. Dabei ist der Fluss noch wenig erforscht und niemand kann die Folgen für mehr als eine Millionen Menschen und die Umwelt abschätzen.

Der Hubschrauberlandeplatz ist fast fertig. Auch Parkplätze wird es reichlich geben. Ein Bus wird die Gäste von dort zum Festakt bringen. Der findet am 9. Dezember statt, eine Woche, nachdem die Laotische Demokratische Volksrepublik 35 Jahre alt geworden ist. Offiziell eröffnet wird dann das größte Wasserkraftprojekt des Landes im Herzen der indochinesischen Halbinsel – Nam Theun 2.

Wasserkraft ist einer der bedeutendsten Naturreichtümer des gebirgigen Landes. Schon liefern zwölf Kraftwerke von jeweils mehr als ein Megawatt Leistung ihre Energie vor allem ins benachbarte Thailand. Acht weitere befinden sich in fortgeschrittenen Baustadien und sollen in den nächsten zwei Jahren ans Netz. Die Zahl der geplanten Stauanlagen erreicht mehrere Dutzend und liest sich wie eine Liste aller Nebenströme des Mekong. Denn ist in Laos von Wasserkraft die Rede, ging es bisher um Nebenflüsse des Stroms.

Doch nun geht es um den Hauptstrom. Bislang schreckten die Kraftwerksentwickler zurück: zu groß die Aufmerksamkeit und die Risiken, wenn Hand an den weitgehend in seinem natürlich Bett fließenden Mekong gelegt wird. Anders als die Nebenflüsse, die oft in dünn besiedelten Bergregionen gestaut werden, beeinflusst der Mekong das Leben hunderttausender Menschen direkt. Zu wenig wissen selbst die Experten über das biologische System des fischreichen Gewässers. So steht die Volksrepublik China seit Jahren wegen mehrerer Großkraftwerke am Oberlauf des Mekong in der Kritik. Wenigstens der Unterlauf, nahm man bisher an, bliebe wegen der Absprachen unter den vier Anrainern Laos, Thailand, Kambodscha und Vietnam im Rahmen der Mekong-Kommission (Mekong River Commission – MRC) vor Eingriffen verschont.

Doch am 18. September reichte Laos die Pläne für den Bau eines Wasserkraftwerks in der nördlichen Provinz Sayaboury bei der Mekong-Kommission ein und löste erstmalig die »Prozeduren für Notifizierung, Vorabkonsultationen und Übereinkommen« aus. Ein Damm quer durch den Fluss soll Turbinen mit einer Gesamtleistung von 1280 MW speisen. Der Strom, so ist schon vereinbart, geht zu 95 Prozent nach Thailand, von dort soll auch das Geld für den Bau kommen. Hauptinvestor ist der thailändische Baugigant Ch. Karnchang. Die Schweizer Firma Colenco soll projektieren und vier große Thai-Banken stehen für die Finanzierung bereit.

Bei den laotischen Offiziellen herrscht Fortschrittsglaube. Nicht zuletzt deshalb brachte die Regierung in Vientiane wohl auch den Antrag ein. Denn das geplante Wirtschaftswachstum von mehr als acht Prozent jährlich soll unbedingt erreicht werden. Von Regierungsvertretern hört man weitere Argumente, etwa dass der traditionelle Fischfang im Fluss durch intensive Fischzucht im Stausee mehr als wettgemacht würde, durch Fischzucht und Tourismus eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze entstünden und Wasserkraft gut für die Umwelt sei.

Die Mekong-Kommission hält sich noch bedeckt. Mindestens sechs Monate, äußerte der Geschäftsführer der Organisation, benötige die Prüfung. Doch es könnte wohl etwas länger dauern, denn kürzlich stellte die MRC die vorläufigen Ergebnisse der bisher umfassendsten Studie zu Auswirkungen von Dammbauten auf den Mekong vor.

In 14 Monaten trugen Experten alle Informationen zusammen, um das Für von 12 Projekten mit 13 500 MW Leistung gegen das Wider von mehr als einer Million betroffener Menschen und unabsehbaren Folgen für die Natur abzuwägen. Als Resultat empfehlen sie, die Entwicklung von Hauptstromprojekten am Unterlauf des Mekong bis zu zehn Jahre auszusetzen.

Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen, die in Thailand und Kambodscha schon begonnen hatten, gegen das Vorhaben zu mobilisieren, sind erleichtert. Sie hoffen, dass der Antrag erst einmal vom Tisch ist. So leicht dürfte es aber nicht sein, denn das Papier, das den Konsultationsmechanismus auslöst, liegt eben vor. Das Projekt Sayaboury wird also zum Test für den Mekong.

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