Verzicht auf Datenaustausch mit den USA gefordert
LINKE will Nutzung von sensiblen Flugpassagierdaten einschränken
Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 bemühen sich US-amerikanische Sicherheitsbehörden intensiv um die Verwertung personenbezogener Informationen jedweder Art. Auch Informationen zu Flugpassagieren sind dabei von Interesse für die US-Heimatschützer. Nachdem der Europäische Gerichtshof 2006 die Praxis der Übermittlung von Flugpassagierdaten durch die Europäische Union an die USA wegen fehlender Rechtsgrundlagen für nichtig erklärte hatte, war man in Brüssel bemüht, alsbald ein festes Vertragswerk auszuhandeln. Seit 2007 existiert ein neues Abkommen, welches das Verfahren zur Übermittlung von Passagierdaten regelt. Nach Ansicht der LINKEN ist dieses aber nicht minder problematisch, als seine rechtswidrigen Vorgänger. Hohe Speicherfristen von bis zu 15 Jahren, die anlasslose Speicherung von persönlichen Daten der Fluggäste, etwa von Kreditkarteninformationen und Informationen zu Reiserouten, und ein unzureichendes Klage-, Einsichts- und Datenschutzniveau für EU-Bürger in den USA rufen rechtsstaatliche Bedenken hervor.
Bereits im Mai lehnten es die Europaparlamentarier ab, dem seit 2007 gültigen EU-USA-Abkommen nachträglich ihren Segen zu geben. Der Vertrag von Lissabon macht es erforderlich, dass auch das Europäische Parlament dem Abkommen seine Zustimmung geben muss. Auch die Datenabkommen mit Australien und Kanada konnten das Europaparlament bislang nicht passieren. Vielmehr forderte das Parlament die EU-Kommission auf, bis spätestens Juli 2010 einen kohärenten Ansatz in Bezug auf die Nutzung von Fluggastdatensätzen vorzulegen. Dem ist die Kommission erst am 21. September nachgekommen. Die EU-Parlamentarier drängen auf Neuverhandlungen mit den drei Staaten, wobei ihr Hauptaugenmerk neben der Gewährung eines hohen Datenschutzes vor allem auf der Aushandlung eines gemeinsamen und vergleichbaren Abkommens liegt. Bislang hatte die EU mit den USA, Kanada und Australien bilaterale Verträge geschlossen. Das Ansinnen der EU-Abgeordneten kommt nicht von ungefähr, denn weitere Staaten, wie Südkorea und Indien, haben ebenfalls Interesse an einem Datendeal signalisiert.
Im Bundestag hingegen fordert die Linksfraktion einen generellen Verzicht auf derartige Abkommen. Aus ihrer Sicht konnten EU-Kommission und Bundesregierung bislang nichts über den Nutzen der Datenübermittlung sagen. Für den Antragsteller Jan Korte steht fest, dass es sich lediglich um eine weitere anlasslose Datenspeicherung auf Vorrat handelt. »Die Kommission sagt dies in ihren Mitteilungen ja selber. Und das ist aus deutscher Sicht nicht zu akzeptieren, schließlich hatte das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zur Vorratsdatenspeicherung festgehalten, dass ›durch die vorsorgliche Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten der Spielraum für weitere anlasslose Datensammlungen auch über den Weg der EU erheblich enger wird‹«, so Korte.
Nach ND vorliegenden Informationen soll die EU-Kommission noch im Dezember ein »flexibles« Mandat für Verhandlungen mit den USA, Kanada und Australien erhalten. Jetzt schon finden sich in Brüssel hochrangige Vertreter der US-Botschaft auf den Fluren des Europaparlamentes ein. Eine Ablehnung des Abkommens, wie zuvor beim Finanzdatenabkommen SWIFT, möchte man »auf jeden Fall verhindern«, so ist intern zu erfahren.
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