Erdrutsch in Schmalkalden
Riesiges Loch bedroht Wohnsiedlung, aber bislang keine Opfer
Der Schrecken kommt in der Nacht. Anwohner hören etwa gegen 3 Uhr ein Rasseln und ein lautes, strömendes Geräusch, als ob mehrere Schotterlaster ihre Ladung abkippen. »Wir wurden zu einem Loch in der Straße mit Wasserrohrbruch gerufen. Mit solch einem Ausmaß hat aber keiner gerechnet«, sagt Marco Gröger von der Freiwilligen Feuerwehr. Er blickt auf ein riesiges Erdloch, das sich am Montagmorgen in einer Wohnsiedlung im thüringischen Schmalkalden aufgetan hat.
30 mal 40 Meter misst es und ist etwa 20 Meter tief. Ein Auto verschluckte es sofort. Und das Loch wächst: Stetig bricht der Krater an den Rändern nach, durchziehen neue Risse Straße und Hauswände. »Wir wissen nicht, wann ein Ende abzusehen ist«, so Gröger. »So etwas hat hier keiner erwartet«, sagt Roland Stark, dessen Garage direkt an dem Erdloch steht. Er ringt auch Stunden nach dem Unglück um Fassung. Seit 20 Jahren wohnt er in der Hangsiedlung. Die Straße sei frisch geteert worden, sagt Stark. Noch wissen er und seine Frau nicht, wann sie wieder in ihr Heim zurückkehren können. »Wir haben gedacht, wir sind auf dem Hang sicher.«
Einige der mehr als 25 Menschen, die ihre Häuser verlassen mussten, kamen bei Bekannten unter. Manche standen unter Schock und wurden von Seelsorgern betreut. Sechs Häuser wurden evakuiert. Eine Frau wischt sich Tränen aus dem Gesicht. Ein Beamter erklärt ihr behutsam, dass sie nicht nach Hause zurückkehren kann. Zu groß ist die Gefahr. »Den Leuten sitzt der Schreck in den Gliedern, aber sie sind erstaunlich gefasst«, sagt der parteilose Bürgermeister Thomas Kaminski.
Die Stadt will für Betroffene Ferienwohnungen anmieten. Noch kann sich in Schmalkalden keiner das Unglück erklären. »Wir sind kein Bergbaugebiet«, sagt Kaminski. Berichte über unterirdische Luftschutzbunker machen die Runde. Eine Frau bringt ein altes Foto und erzählt von einem Bombentrichter im Zweiten Weltkrieg.
Da sind 12 000 Kubikmeter Erde verschwunden, beim Einsturz solcher Massen ist eine natürliche Ursache wahrscheinlicher«, meint der CDU-Landrat, Ralf Luther. Er ist bei allem Schrecken erst einmal erleichtert darüber, dass es keine Verletzten oder gar Tote gab: »Da war viel Glück im Unglück dabei.«
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.