Bündnispolitik auf Sparflamme
Pause oder Ende für Schwedens rot-rot-grüne Opposition?
Die Reichstagswahlen in Schweden liegen anderthalb Monate zurück. Dominierend im Erinnerungsbild: der erstmalige Einzug der rechtsextremistischen »Schwedendemokraten« ins Parlament, der eine absolute Mehrheit für einen der beiden politischen Hauptkontrahenten – die bürgerliche Vierparteienallianz und die rot-rot-grüne Opposition – verhinderte.
Dies hatte zugleich die Konsequenz, dass der alte und neue Premier Fredrik Reinfeldt von der stärksten Koalitionskraft Moderate Sammlungspartei das Regieren mit einer parlamentarischen Minderheit üben muss. Allerdings spricht einiges dafür, dass sich das Defizit von zwei Sitzen auf die Arbeit der bürgerlichen Regierungskoalition nicht allzu gravierend auswirkt. Neben der Tatsache, dass Minderheitsregierungen in der moderneren Geschichte der nordeuropäischen Staaten nicht außergewöhnlich sind, lässt die bisher recht konsequente Distanzierung aller übrigen Parlamentsparteien sowohl aus dem bürgerlichen Lager als auch der Opposition gegenüber den schwedischen Neonazis wenig Raum für deren befürchtete Rolle als Zünglein an der Waage.
Inzwischen jedoch gibt es gravierende Veränderungen in der Opposition. Noch in Wahlnacht des 19. September, als Sozialdemokraten und Linke Stimmenverluste registrierten, während die Grünen deutlich zugelegt hatten, wurden erste Fragen nach einer Fortsetzung des rot-rot-grünen Bündnisses gestellt. Die zu diesem Zeitpunkt begreifliche Unbestimmtheit vor allem der Grünen-Sprecher Maria Wetterstrand und Peter Eriksson sowie von Mona Sahlin, die einen beinahe zehnprozentigen Absturz ihrer sozialdemokratischen Partei zu verkraften hatte, ließ ein Ende des Bündnisses nicht mehr undenkbar erscheinen. In der letzten Oktoberwoche nun sprachen die Hauptakteure deutlichere Worte, ohne allerdings eine klare Aufkündigung ihrer bisherigen Zusammenarbeit zu erklären. In allen drei Parteien bestand stets auch eine erhebliche Ablehnung gegenüber dem im Herbst 2008 aus der Taufe gehobenen Projekt zur Ablösung der bürgerlichen Regierungsallianz. Bei Sozialdemokraten und Grünen, die sich zunächst allein in einer Zweierkoalition zum Wahlkampf rüsten wollten, verhinderten antikommunistisch motivierte Denkbarrieren eine Verbreiterung dieses Projektes. Erst Druck aus den Gewerkschaften erzwang eine Aufstockung des Bündnisses um die Linkspartei.
Nach dem Scheitern der Regierungsablösung bei den Wahlen meldeten sich in allen drei Parteien die Skeptiker und Projektgegner wieder vernehmlicher zu Wort. Die Stellung der Parteichefs bei den Sozialdemokraten und den Linken scheint nicht mehr unumstritten zu sein, bei den Grünen steht im nächsten Jahr ohnehin der statutengemäße Wechsel der beiden Sprecher bevor. Mona Sahlin als Vertreterin der größten Partei des Oppositionsbündnisses erklärte vor diesem offenkundigem Hintergrund, dass sie zwar nicht formell das Bündnis aufkündigen wolle, es aber an der Zeit sei, »eine Pause einzulegen« und nur auf »Sparflamme« die rot-rot-grüne Kooperation fortzusetzen. Auch die Grünen betonten das Erfordernis, nunmehr wieder vor allem die »Weiterentwicklung eigener Positionen« in Angriff zu nehmen.
Lars Ohly, der Vorsitzende der Linkspartei, will in den Erklärungen von Sozialdemokraten und Grünen allerdings keine »dramatische Veränderung« in der oppositionellen Kooperation erkennen, sondern eine Rückkehr zum Normalen, wie sie in wahlkampffreien Perioden üblich sei. Wöchentliche Treffen sowie die Zusammenarbeit in den Parlamentsausschüssen stünden außer Frage. Bis zum nächsten Parteitag 2011 soll eine aus sechs, überwiegend jungen Parteimitgliedern bestehende Zukunftskommission Schlussfolgerungen aus dem Fehlschlag des rot-rot-grünen Oppositionsbündnisses sowie der aktuellen Gesamtsituation der Linkspartei erarbeiten.
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