• Politik
  • Fokus: Anti-Castor-Proteste

Tagebuch

  • Lesedauer: 2 Min.

Schaufenster angucken ist eigentlich nicht so mein Ding. Abends in der kopfstein-gepflasterten Einkaufsstraße von Dannenberg an den Geschäften entlang zu bummeln, hat aber Spaß gemacht. Mindestens jeder zweite Laden hat dem großen Ereignis Castor-Transport entsprechend dekoriert. An den Scheiben kleben große Anti-Atom-Sticker und Plakate, die für die heutige Großdemonstration oder die Sitzblockaden am Sonntag werben.

Der Italiener am Marktplatz und der HiFi-Laden haben Fernseher ins Fenster gestellt. Statt der Fußball-Europaliga läuft eine Dia-Show der örtlichen Fotoagentur »PubliXviewinG«: Bilder vom letzten Castor-Transport. Vom Treck der Lüchow-Dannenberger Landwirte nach Krümmel. Vom letzten Heimspiel des FC St. Pauli, als Fans mit riesigen Transparenten zum Schottern aufforderten.

Beim Friseur »Haarmonie« hängt ein Poster der Initiative »Widersetzen«. »Energieriesen endlagern«, wird darauf gefordert. Die Döner-Bude hat einen knallgelben »Stopp Castor«-Sticker an den Eingang geklebt. Im Kaufhaus des Wendlands, das allerlei Produkte aus der Region vertreibt, fällt ein zwei Meter großes, buntes »X« ins Auge. Überhaupt ist das »X« allgegenwärtig. Als Zeichen des Protests und der Verschworenheit gegen Atomkraft und Castor-Transporte.

Etliche Ärzte und Therapeuten haben ihre Praxen geschlossen. Schilder nennen den Grund: Das Personal geht demonstrieren. Gäbe es einen Wettbewerb, bekäme »Jeans Schapp« den ersten Preis. Im Schaufenster ist ein Castor im Miniatur-Maßstab nachgestellt. Auf Märklin-Schienen schleppt eine rote Diesel-Lok den Behälter heran. Polizisten-Figuren hindern Atomkraftgegner daran, sich den Gleisen zu nähern. Daneben parkt ein Krankenwagen. Gegen den Atommüllzug machen die Bauern mit einem riesigen Treckerkonvoi mobil. Wie heute in echt. Reimar Paul

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