Der Folterpräsident

Politisch Verantwortliche bisher straffrei

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

Dank seiner Memoiren wissen wir es nun genau: Bushs »Blut kochte«, als er von den Anschlägen am 11. September 2001 erfuhr, und für ihn stand fest: »Wir würden herausfinden, wer das getan hat, und sie fertigmachen.« So zog er in seinen verheerenden »Krieg gegen den Terror«. Und hat nichts dazu gelernt. Auch heute noch steht Bush z.B. hinter den »harschen« Methoden bei Verhören von Terrorverdächtigen. Als die CIA anfragte, ob bei dem Pakistaner Khalid Sheikh Mohammed, einem vermuteten Drahtzieher der Anschläge, das simulierte Ertrinken angewandt werden dürfe, antwortete er: »Damn right!« (Verdammt, ja) – obwohl die USA die Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen 1994 ratifiziert hatten.

Das sogenannte Waterboarding wurde zum Alltag, etwa im berüchtigten Gefangenenlager Guantanamo, das Bush einrichten ließ. Über 750 Terrorverdächtige wurden dort seit Anfang 2002 inhaftiert, ohne Anklage und ohne Zugang zu Anwälten. Da sich das Lager nicht auf US-Staatsgebiet befindet und den Insassen der Status von Kriegsgefangenen verweigert wird, werden diesen »illegalen Kämpfern« auch Rechte verwehrt, die in den USA gelten würden. Obwohl sein Nachfolger Barack Obama versprochen hat, das Lager innerhalb eines Jahres zu schließen, werden dort noch immer 174 Männer festgehalten, wie USA-Vertreter Harold Koh jetzt im UN-Menschenrechtsrat erklärte.

Waterboarding, so Menschenrechtler, sei Folter pur und damit völkerrechtlich verboten. Allein Sheikh Mohammed wurde offiziellen Angaben zufolge 183 Mal der brutalen Prozedur unterzogen. Bei dem Palästinenser Abu Subaida kamen die peniblen Folterbürokraten auf 83 »Anwendungen« allein im August 2002. In jedem Rechtsstaat müssten so gewonnene Geständnisse zu den Akten gelegt werden. Obama erließ nach seinem Amtsantritt ein Folterverbot. Doch stellte der neue Präsident auch klar, dass Agenten, die Gefangene derart unter Druck setzten, nicht juristisch belangt werden könnten, da sie auf Befehl von oben handelten. Nach der von der Bürgerrechtsorganisation ACLU gerichtlich erzwungenen Veröffentlichung eines internen CIA-Folterreports wurde zumindest die Einsetzung eines Sonderstaatsanwaltes angeordnet. Er soll untersuchen, ob CIA-Beamte und Mitarbeiter von privaten Sicherheitsfirmen bei der Vernehmung von Terroristen gegen Gesetze verstießen.

Wie Justizminister Eric Holder im Juni laut »Main Justice« erklärte, stehe John Durham »kurz vor dem Abschluss einer vorläufigen Prüfung, ob es Anhaltspunkte für eine Gesetzesverletzung« gebe. Doch Spitzenbeamte in seinem Haus bauten damals schon vor: Es könne Monate dauern, bis alles geprüft sei. Im UN-Menschenrechtsrat nach dem Stand befragt, verwies Koh darauf, dass die Ermittlungen noch immer liefen. Vorwürfe, man hätte mutmaßliche Folterer bisher nicht verfolgt, seien aber falsch; in über 100 Fällen sei das schon geschehen, man habe auch Täter bestraft.

Und die politisch Verantwortlichen? Die bleiben nach wie vor unbehelligt. Juristen der Bush-Regierung z.B. müssen keine Strafe fürchten. John Yoo und Jay Bybee – die Autoren der vier Foltermemos aus den Jahren 2002 und 2005, in denen detailliert 14 »harsche« Verhörmethoden geschildert und ihre Anwendung gerechtfertigt wurden – hätten zwar »schlechtes Urteilsvermögen« an den Tag gelegt, so das Justizministerium in einem Untersuchungsbericht, sich aber kein professionelles Fehlverhalten zuschulden kommen lassen.

Eine interne Ethik-Stelle des Ministeriums war zuvor noch zum gegenteiligen Schluss gekommen und hatte berufliche Sanktionen gegen die Juristen empfohlen. Sie blieben verschont, wie andere, die Foltermethoden autorisierten. Schließlich begann die Befehlskette im Weißen Haus. Und während die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch die strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen für Folter und Misshandlung fordert, lehrt Yoo mittlerweile an der Universität von Kalifornien, ist Bybee Richter an einem Berufungsgericht in Nevada, und Bush rühmt sich seiner Menschenrechtsverletzungen.

Als Washington jetzt erstmals im UN-Menschenrechtsrat über die Lage im Lande Rede und Antwort stehen musste, versicherte Vize-Außenminister Michael Posner in Genf, dass unter Präsident Obama nicht mehr gefoltert werde: »Es gibt keine Misshandlung von Gefangenen, ohne wenn und aber.« Das berüchtigte Waterboarding gehöre endgültig der Vergangenheit an.

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