Kein Sinatra beim Begräbnis
Australische Kirchen streiten um Rituale an der letzten Ruhestätte
Frank Sinatras Megahit »I did it my way« ist mit Abstand die beliebteste Hymne bei Beerdigungen in Australien. In dem Schlager preist Sinatra ein Leben, das sich nicht um Konventionen und Traditionen schert. An den Gräbern katholischer Verstorbener in der Erzdiözese Melbourne ist Sinatra jetzt verstummt. Wie überhaupt die neue Richtlinie für die Gestaltung katholischer Begräbnisse von Melbournes Erzbischof Denis Hart das Abspielen weltlicher Popmusik sowie der Schlachtsongs der großen Rugbyclubs in der Erzdiözese verbietet.
Vor allem die Begründung des erzbischöflichen Bannstrahls für Popsongs ist bei den Australiern auf Unverständnis gestoßen. Der Hauptzweck einer Beerdigung sei die »Übergabe des Verstorbenen an Gott«, so der Erzbischof, und nicht die Erinnerung an sein Leben. In Leserbriefen und in spontanen Onlineumfragen der Melbourner Tageszeitungen sahen die Leser mit einer großen Mehrheit in den neuen Beerdigungsrichtlinien einen weiteren Beweis dafür, dass sich die Kirche von der Lebenswirklichkeit der Menschen entfernt habe.
Auf der Blogwebseite des in der Kirche kontroversen, aber den Melbournern immens populären Gemeindepriesters Pater Bob Maguire sprach in einem Kommentar eine Lee Boldeman vielen aus dem Herzen als sie schrieb: »Der Fokus liegt zu Recht auf dem Verstorbenen und nicht auf der Kirche. Sagen Sie dem Bischof, er soll dahin gehen, wo der Pfeffer wächst.«
Seit fast 150 Jahren bringt das Familienunternehmen »Nelson Bros« in Melbourne Menschen aller Religionen unter die Erde und ist daher bestens vertraut mit den Anforderungen ihrer Kunden an die Gestaltung von Begräbnissen. »Es gibt einen Trend hin zu säkularen Trauerfeiern und Beerdigungen. Vor allem unter der Babyboomergeneration. Die wollen persönlichere Trauerfeiern statt solche mit starren Kirchenritualen«, sagt Adrian Nelson. Über die neuen katholischen Richtlinien ist Nelson nicht glücklich, aber er sagt: »Mal sehen, wie sich die Priester verhalten. Sie müssen natürlich die Weisung des Erzbischofs befolgen. Aber ich denke, so mancher wird auch mal ein Auge zudrücken.«
Der Wandel in der Sichtweise von Beerdigungen down under ist auch der katholischen Bischofskonferenz Australiens nicht verborgen geblieben. »Wir legen alle Wert darauf, dass die Besonderheiten eines katholischen Begräbnisses nicht aufgegeben und unterminiert werden«, betont Erzbischof Mark Coleridge, Vorsitzender der Kommission für Liturgie der australischen Bischofskonferenz. Die Kirche werde aber nicht den Wandel in der »breiteren Kultur ignorieren«, sagt der Bischof. Wie und ob die Kirche diese Gratwanderung bewältigen will, weiß der Erzbischof auch noch nicht. »Wir diskutieren das.«
Sinatras »My Way«, »Wonderful World« von Louis Armstrong und »Time to say goodbye« von Andrea Bocelli und Sarah Brightman sind einer Untersuchung aus dem Jahr 2008 zufolge die Spitzenreiter unter den zehn beliebtesten Beerdigungssongs in Australien. Die drei Topplätze unter den zehn unpopulärsten Musikstücken belegten klar »The Show Must Go On« von Queen, Led Zeppelins »Stairway to Heaven« und die umgekehrte Richtung von AC/DC »Highway to Hell«.
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