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Castor-Nachspiel im Bundestag

Bei einer Aktuellen Stunde lieferten sich Regierung und Opposition einen Schlagabtausch

  • Ina Beyer
  • Lesedauer: 3 Min.
Regierung und Opposition haben sich gestern im Bundestag bei einer Aktuellen Stunde zu den jüngsten Protesten gegen den Castor-Transport einen heftigen Schlagabtausch geliefert. Gegenseitig warf man sich vor, die Proteste angeheizt zu haben.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gab der Opposition wegen ihrer Unterstützung der Proteste eine Mitschuld für gewaltsame Aktionen gegen den Castor-Transport. Weder die Opposition noch Demonstranten hätten das Recht, »gegen demokratisch getroffene Entscheidungen zu zivilem Ungehorsam aufzurufen«, so der Minister, und weiter: »Die Straße hat keine höhere demokratische Legitimation als Parlament und Gesetz.« Insbesondere kritisierte de Maizière SPD-Chef Sigmar Gabriel, der von einer »neuen Qualität« des Widerstands gegen den Castor-Transport gesprochen habe. »Eine solche Anerkennung ist unerhört.« Der Minister dankte der Polizei für ihren Einsatz im Wendland. Die Beamten hätten die Situation »mit Augenmaß« gemeistert.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner bezichtigte insbesondere die Grünen der Heuchelei, weil diese in ihrer Regierungszeit Castor-Transporte früher selbst mitgetragen hätten. Die SPD-Abgeordnete Kirsten Lühmann warf Schwarz-Gelb dagegen vor, den Protest auf nicht hinnehmbare Weise zu kriminalisieren. De Maizière habe nur von verletzten Polizisten und 300 gewaltbereiten Demonstranten gesprochen, ließe aber die Zehntausenden, die friedlich demonstriert hätten, außen vor. Lühmann, die selbst im Wendland war, sagte: »Ich habe Menschen getroffen, die zum ersten Mal in ihrem Leben protestiert haben. Fragen Sie die doch mal, warum sie das gemacht haben.«

Die Vorsitzende der Grünen, Claudia Roth, forderte FDP-Generalsekretär Lindner auf, die Wahrheit zu sagen: »Sie wollen die Atomlaufzeiten verlängern. Deswegen sind die Menschen auf die Straße gegangen.« Der Regierungskoalition warf sie vor: »Sie tragen den Konflikt auf dem Rücken der Polizisten aus, und das ist unerträglich.«

LINKE-Fraktionschef Gregor Gysi beschuldigte Union und FDP erneut, mit ihrer Entscheidung über längere Atomlaufzeiten einen »gesellschaftlichen Großkonflikt« heraufbeschworen zu haben. Im Interesse der Atomlobby regiere die Koalition an den »Interessen der Mehrheit der Bevölkerung vorbei«. Der SPD-Abgeordnete Matthias Miersch forderte, neben Gorleben auch alternative Standorte als Endlager für Atommüll in Betracht zu ziehen.

Mit einem entsprechenden Vorstoß holte sich das Land Niedersachsen indes gestern eine Abfuhr. Bayern, Hessen und Baden-Württemberg lehnten es ab, anstelle von Gorleben auch andere Zwischenlager zu prüfen.

Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) hatte in der »Frankfurter Rundschau« als mögliche Standorte die süddeutschen Atomkraftwerke Philippsburg (Baden-Württemberg) oder Biblis (Hessen) genannt. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sprach sich strikt dagegen aus, heute schon alternative Zwischen- oder Endlager zu prüfen. »Jetzt wird erst einmal Gorleben ernsthaft untersucht.«

Hessens Umweltministerin Lucia Puttrich (CDU) sagte: »Die Genehmigung des Zwischenlagers in Biblis lässt die Lagerung von Castoren mit Abfällen aus der Wiederaufbereitung nicht zu.« Im gleichen Sinne äußerte sich auch das baden-württembergische Umweltministerium.

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