Alles etwas bunter, bequemer und teurer
Für den Urlaubsspaß 2011 müssen Touristen zwischen ein und zehn Prozent mehr bezahlen
Die deutschen Reisekataloge für den Sommer 2011 sind da. Wie immer wecken sie Träume und versprechen Erfüllung: noch bunter und bequemer, noch chicer und erholsamer. Der Unterschied zwischen den großen Veranstaltern liegt oft nur im Komfortdetail oder Preisniveau. Völlig einig sind sich indes alle in einem: Reisen wird teurer. Wie es heißt, wegen der neuen gesetzlichen Flugticketsteuer. Sie beträgt je nach Entfernung zwischen acht bis 45 Euro pro Flug. Die reichen die Fluggesellschaften an die Veranstalter und die an ihre Gäste weiter. Prozentual fallen die Summen natürlich bei Billigreisen, die vor allem sozial Schwächere buchen, stärker ins Gewicht als im gehobenen Preissegment. Dennoch setzt die Branche darauf, dass sich die Kunden insgesamt von den Preissteigerungen zwischen ein bis zehn Prozent nicht abschrecken lassen; und hofft zudem, dass anziehender Binnenkonsum die Gästezahlen wie die Renditen weiter klettern lässt. HEIDI DIEHL und MICHAEL MüLLER haben in den Katalogen für die Sommersaison 2011 geblättert.
Thomas Cook: Marktführer der Musterknaben
»Wir sind nun nicht mehr nur Marktführer auf Mallorca, sondern nach Übernahme von Öger Tours jetzt auch Nummer eins in der Türkei – und damit führend nach Gästezahlen und Umsatz in den beiden wichtigsten Urlaubsregionen der Deutschen«, verkündet Dr. Peter Fankhauser, Vorstandschef der Thomas Cook AG, bei der Programmvorstellung 2011. Das »wir« meint den deutschen Gesamtkonzern, vor allem seine beiden Spitzenmarken Neckermann Reisen und Thomas Cook, aber auch Bucher Last Minute, Air Marin und seit jüngstem eben den Türkeispezialisten Öger Tours. Die beiden Zielgebiete geben die derzeitige strategische Richtung an: die wichtigsten und volumenstärksten Destinationen am Mittelmeer.
Die aktuellen Konzerndaten dieses Sommer liegen zwar erst Anfang Dezember vor, sagt Fankhauser, doch er erinnert optimistisch an den »Rekordgewinn trotz Finanzkrise im Vorjahr«. Und mit Blick auf den Sommer 2011, für den der Konzern »sein bisher umfangreichstes Flugangebot« offeriert, meint er: »Deutschland als derzeitiger Musterknabe unter den großen Volkswirtschaften und der Titel Reiseweltmeister – das passt gut zusammen und stimmt die Branche zuversichtlich«.
In diesem Sinne hat der Thomas-Cook-Konzern das Produktportfolio seiner Premium-Marke Thomas Cook »in Breite und Tiefe« erweitert und, wie Touristik-Geschäftsführer Michael Tenzer sagt, »dem Grundbedürfnis der Kunden gehobenen Anspruchs neu angepasst«. Kreiert wird das alles als »individuelle Pauschalreise«, die Individualität (also Zubuchmöglichkeiten aller Art) mit dem Sicherheits- und Qualitätsversprechen eines Großunternehmens verbinden soll. Zu den neuen Schmäckerchen bei Thomas Cook gehören beim Angebot Aktiv- & Erlebnisreisen z. B. Übernachtungen bei usbekischen Familien, in Beduinencamps oder auf einsamen Ranches in Arizona. Weiterhin kann man in den neuen Cook's Sport Clubs ein Fitnessprogramm mit keinem Geringeren als dem Zehnkampf-Silbermedaillengewinner bei Olympia 1996 in Atlanta Frank Busemann buchen.
In diesem sportiven Wachstumssektor powert auch die andere große Konzernmarke: Neckermann Reisen. Neben der alles überstrahlenden »Familien-Offensive« (mit über einem Dutzend verschiedener Rabattlockangeboten) hat sich auch hier der Sportkatalog weiter profiliert. Wachsenden Zuspruchs erfreut sich trainingsbegleiteter Urlaub. Erstmals soll ein Ironman steigen, am 14. Mai 2011 in und an der mallorquinischen Alcudia-Bucht (1,9 km Schwimmen, 90 km Rad, 21,1 km Lauf). Den letzten Schliff können sich Hobby-Triathleten zuvor an Ort und Stelle in einem siebentägigen Trainingscamp holen. Unbedingt noch erwähnenswert bei Neckermann: die marokkanische Mittelmeerküste von Saidia als völlig neu erschlossene Destination sowie eine Renaissance der Busreisen.
REWE: Preisbindung an Katalog muss fallen
Als Erfolgsfaktoren der Touristiksparte der REWE Group (ITS, Jahn Reisen, Tjaereborg) hebt Sören Hartmann, Sprecher der Geschäftsführung, aus jüngster Sicht zweierlei hervor: die Neupositionierung der Marke ITS (»familiengerechte Lebensfreude«) sowie die von Kunden wachsend in Anspruch genommene Möglichkeit, tagesaktuelle Flug- und Hotelpreise im Rahmen eines Pauschalangebots individuell kombinieren zu können. Hartmann fordert in diesem Zusammenhang die Politik auf, »die Katalogpreisbindung endlich komplett zu kippen«, um der Marktlage entsprechend »immer variabel reagieren zu können«.
Bei ITS ist die Titelseite des Katalogs »Balearen, spanisches Festland, Portugal« geradezu exemplarisch fürs gesamte Markenprogramm: Familie Panosch aus dem kleinen Alzenau in Hessen tummelt sich in Wasser und Sand. Die fünf Panoschs waren von 100 000 Online-Bewertungen als die ITS-Urlauberfamilie der Sommersaison 2011 ausgemacht worden – und hunderttausende andere Familien sollen nun wie sie an den Stränden dieser Welt zwei Wochen glücklich sein.
Nicht auf Familien, sondern auf junge Leute, Singles oder Paare, zielt die REWE-Marke Tjaereborg. Beispielsweise mit einem »Party-Sorglos-Paket für Feierfreudige in Bulgarien«. Oder der Zubuchung eines Motorrollers für die Ferientage auf Ibiza unter dem wohl knackig und nicht ironisch gemeinten Aktionsmotto »Move like a local«.
Jahn Reisen gehört zu den teuersten Marken der Branche, die für ihre ungebrochen hohen Steigerungsraten kaum Werbung, sondern nur immer wieder den gewissen extravaganten Kick im Katalog brauchen. Etwa mit Gourmetreisen zu bekannten Sterneköchen in spanischen Edel-Bodegas oder in ein italienisches Franziskanerkloster.
TUI: Neue Hotelkonzepte für jeden Lebensstil
Der Branchenführer TUI gibt sich optimistisch. »TUI Deutschland agiert aus einer Position der Stärke. Wir haben die richtigen Wachstumsfelder identifiziert und so die Basis für zusätzliches Geschäft gelegt«, ließ TUI-Deutschland-Chef Dr. Volker Böttcher wissen. »Wir erwarten, den profitablen Wachstumskurs im Winter wie im Sommer fortzusetzen.« Erreichen will man das mit einem »marktgerechten Preis-Leistungs-Verhältnis«, vor allem aber mit dem Start des Unternehmens in »die nächste Phase des Expansionsprogramms durch die Markteinführung von zwei neuen Hotelkonzepten«. Die heißen »Puravida Resorts« und »TUI Best Family« und sollen – nach umfassender Markforschung und Zielgruppenanalyse – ganz und gar auf die unterschiedlichen Lebensstile und Urlaubsbedürfnisse zugeschnitten sein. Während sich Puravida an »weltoffene Urlauber mit gehobenem Lebensstil« zwischen 30 und 50 Jahren richtet und den großen Bogen zwischen Entspannung und Aktivsein schlagen will, richtet sich Best Family an die »klassische Familie, Patchwork-Familien, Alleinerziehende und Großfamilien sowie Großeltern mit Enkelkindern«, kurzum, an alle, für die im Urlaub vor allem die Bedürfnisse des Nachwuchs im Vordergrund stehen. Da bei dieser Zielgruppe der Geldbeutel zumeist nicht so üppig gefüllt ist, wie bei den Puravidanern, stehen die Betten vor allem in »Drei- und Vier-Sterne-Hotels mit sehr hohem All-Inclusive-Anteil« mit »deutschsprachiger Kinderbetreuung und Budgetsicherheit«. 29 Häuser rund ums Mittelmeer sowie auf den Kanarischen Inseln und in Ägypten sind 2011 im Angebot. Bei Puravida hat die gut situierte Klientel bislang nur die Wahl zwischen zwei Hotels – im türkischen Belek und auf der griechischen Insel Kos, dafür aber mit Fünf-Sterne-Komfort. Bis 2015 sollen weltweit 13 weitere Häuser dazukommen.
1-2-FLY: Ganz im Zeichen der Familie
Die TUI-Marke für den kleinen Geldbeutel, 1-2-Fly, setzt im Sommer 2011 ganz auf die Familie, bekannterweise eine sehr treue Klientel, die man sich mit vielen Angeboten bei (Kauf)Laune halten will. Beispielsweise mit sechs neuen 1-2-Fly Fun Clubs, acht neuen Solino Kinderclubs und sieben »Splash«-Hotels mit integriertem Wasserpark. So wolle man die »Position als preisgünstiger Familienveranstalter weiter stärken«, so Markenchef Oliver Müller-Dukat. Damit Jugendliche der Marke auch treu bleiben, wenn sie langsam flügge werden, baut man die extra auf Partylustige zugeschnittenen Angebote der Fly4Young Hotels deutlich aus, 2011 um rund 30 Prozent auf insgesamt dann 40 Häuser.
TUI-Wolters: Spezialist für Nordland-Touren
Der Bremer Reiseveranstalter TUI-Wolters, der, wie Geschäftsführer Thies Rheinsberg betont, zwar den Vertrieb und die Marke mit TUI teile, ansonsten aber unabhängig vom Branchenführer ist, versteht sich als Spezialist für den Norden, insbesondere für Skandinavien und die britischen Inseln. So kann man bei ihm im kommenden Jahr eine exklusive Reise in die beiden Kulturhauptstädte 2011, Turku und Tallin, buchen oder zum Whisky-Tasting in die schottischen Highlands fahren.
www.thomascook.de
www.neckermann-reisen.de
www.rewe-touristik.com
www.tui-deutschland.de
www.1-2-fly.com
www.tui-wolters.de
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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