Auf die EU-Banken wird »eingewirkt«

Krisenmechanismus ohne Automatismus

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Während sich Irlands Banken mit EU-Mitteln retten lassen, verteidigt die Bundesregierung die Beschlüsse für einen Krisenmechanismus ab 2013.

Dublin (AFP/dpa/ND). Nach der Annahme des Rettungspakets für Irland treibt das hoch verschuldete Land die Verstaatlichung seiner Banken voran. Die Bank of Ireland teilte am Montag mit, sie wolle ihr Kapital bis Februar um 2,2 Milliarden Euro erhöhen, um sich besser gegen Kreditausfälle zu rüsten. Es solle durch interne Maßnahmen und verschiedene Kapitalmarkt-Instrumente hereingeholt werden. Sollte dies nicht gelingen, werde der Staat das Kapital zuschießen. In der Praxis dürfte der irische Staat das Kapital aus dem Rettungspaket zur Verfügung stellen müssen. Am Sonntag hatten die EU-Finanzminister Hilfen für einen Zeitraum von drei Jahren von rund 85 Milliarden Euro zu einem Zinssatz von rund sechs Prozent zugestimmt. Davon sollen 35 Milliarden den Bankensektor stützen.

Laut Medienberichten vom Montag wird die Bank of Ireland künftig zu 80 Prozent in Staatshand sein. Analysten gehen davon aus, dass auch die Allied Irisch Bank verstaatlicht wird. Die am schlimmsten von der Krise getroffene Anglo Irish Bank gehört schon dem Staat. Die Geldhäuser hatten in den Boomjahren massenweise Kredite vergeben. Nach dem Ende des jahrelangen Aufschwungs werden die Darlehen nun nicht zurückgezahlt, was die Institute an den Rand des Bankrotts gebracht hat. Dem Staat drohte bei der Rettung der Banken das Geld auszugehen, weshalb nun der EU-Rettungsschirm helfen muss.

Derweil geht Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) davon aus, dass nach den vereinbarten Nothilfen für Irland die Ansteckungsgefahr für andere Euro-Länder gebannt ist. »Ich hoffe, dass von der Lösung des irischen Problems ein beruhigender Effekt für die Euro-Zone als Ganzes ausgeht.«

Schäuble verteidigte zudem die Beschlüsse für einen dauerhaften Krisenmechanismus in der Euro-Zone ab 2013, die bei Staatspleiten erstmals eine Mithaftung privater Geldgeber vorsehen. Kommt ein Staat in Liquiditätsengpässe, soll zunächst das neue Netz ohne zwingende Beteiligung privater Geldgeber greifen. Auf die Gläubiger soll laut Schäuble aber »eingewirkt« werden, um die Probleme zu lösen. Erst beim tatsächlichen Insolvenzfall müsste der betroffene Schuldnerstaat mit Gläubigern eine Restrukturierung aushandeln. Dafür sollen alle Staatsanleihen von Euro-Ländern ab Juli 2013 mit Umschuldungsklauseln versehen werden. Erste Pläne Deutschlands sahen vor, angesichts des längeren Vorlaufs schon ab 2011 Anleihen mit solchen Klauseln zu versehen. Das ist nun aber vom Tisch. Kritiker monieren, dass Deutschland seinen Plan aufgegeben habe, private Geldgeber ab Mitte 2013 generell und automatisch an Rettungsaktionen zu beteiligen.

Die EU-Kommission korrigierte am Montag ihre bisherigen Wachstumserwartungen für die Europäische Union nach oben. Erstmals seit 2007 soll es im Jahr 2012 wieder in sämtlichen 27 EU-Staaten Wirtschaftswachstum geben – durchschnittlich um 2,0 Prozent. Für 2010 rechnet Brüssel mit 1,8 Prozent Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts. Allerdings sei die wirtschaftliche Entwicklung sehr ungleichmäßig. Im Mai hatte die Kommission ein Plus von 1,0 Prozent erwartet. Kommentar Seite 4

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