- Wirtschaft und Umwelt
- Personalie
Sündenbock
Klaus Trzeschan / Der ehemalige Leiter der Telekom-Konzernsicherheit muss ins Gefängnis
Der Sündenbock spielte im jüdischen Glauben eine große Rolle. Einmal im Jahr übertrug ein Priester die Sünden der Gemeinde symbolisch auf einen Ziegenbock, den man dann in die Wüste jagte. Das Tier nahm somit alle Sünden auf sich. Wenn man will, dann ist Klaus Trzeschan so etwas wie ein moderner Sündenbock. Das Landgericht Bonn verurteilte den ehemaligen Leiter der Telekom-Konzernsicherheit am Dienstag zu einer dreieinhalbjährigen Gefängnisstrafe. Mit seiner Verurteilung gilt die »Bespitzelungsaffäre« bei der Telekom als beendet. Vor allem, weil Trzeschan als Hauptangeklagter die alleinige Verantwortung für das Ausspionieren von Journalisten und Telekom-Mitarbeitern übernommen hatte. Bereits vor Prozessbeginn waren die Ermittlungen gegen seine Chefs eingestellt worden. Der ehemalige Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel und Ex-Vorstandschef Kai-Uwe Ricke waren aus der Schusslinie.
Er sei zwar von Ricke beauftragt worden, jenes Informationsleck zu finden, durch das Konzerninterna nach außen drangen, so Trzeschan. Doch den ausdrücklichen Auftrag, die Informanten per Auswertung von Telefondaten zu überführen, soll der Vorstandschef nicht gegeben haben. Wenn das so stimmt, dann folgte Ricke der guten alten Devise: »Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass«. Der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP), der Trzeschan als Anwalt vertrat, war sich sicher: Sein Mandant habe »nicht auf eigene Faust gehandelt«. Doch beweisen konnte er das nicht.
Klar ist: Trzeschan ließ zwischen 2005 und 2006 die Telefonverbindungsdaten von mehr als 40 Personen »auswerten«. Darunter waren auch Manager und Aufsichtsräte des Bonner Konzerns. Insbesondere die Kontakte zwischen Gewerkschaftsvertretern und Journalisten standen dabei im Fokus der Spitzelaktionen. Dafür nutzte man Angaben zur Uhrzeit, zur Länge und zu Teilnehmern von Telefongesprächen. Dieses Durchleuchten Hunderttausender Verbindungsdaten gilt als Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis, hätte wohl aber keine Gefängnisstrafe nach sich gezogen. Zum Verhängnis wurde Trzeschan, dass er Telekom-Gelder in sechsstelliger Höhe veruntreut haben soll. Beim Geld hört bekanntermaßen der Spaß auf.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.