Sturm auf die Banken fiel aus

Beim Geld hört für die Franzosen die revolutionäre Begeisterung auf

  • Birgit Holzer, Paris
  • Lesedauer: 2 Min.
Der französische Ex-Fußballprofi Eric Cantona wurde zur Galionsfigur einer Bewegung aus Kapitalismuskritikern, die das Bankensystem sprengen wollten. Doch ihrem Appell, gemeinsam ihre Konten zu leeren, folgten gestern nicht genügend Anhänger.

Auf dem Fußballplatz konnte er seine Anhänger mitreißen. Doch ist die jüngste Revolution des französischen Ex-Fußballstars Eric Cantona nicht gelungen: der Umsturz der Finanzwelt durch eine gemeinschaftliche Panik-Reaktion. Die Idee, das Bankensystem zum Einsturz zu bringen, indem möglichst viele Bankkunden gleichzeitig ihr Erspartes abheben, hatte ihn zur Galionsfigur einer Bewegung werden lassen, die weltweit zum »Bankrun«, dem gleichzeitigen Stürmen der Geldautomaten, aufrief. Doch der gestrige Stichtag vermochte die Finanzinstitute nicht nachhaltig zu erschüttern. Experten zufolge hätten dafür mehrere hundert Millionen Euro innerhalb weniger Stunden abgehoben werden müssen. Viele Banken zahlen hohe Summen nur nach Antragstellung im Vorfeld aus – davon waren wenige eingegangen.

Hunderttausend Mal war das Internet-Video, in dem der 44-jährige Cantona seine Vorstellungen von einer Revolution ohne Blut und Waffen ausbreitet, angeklickt worden. »Kilometerlang zu laufen und zu demonstrieren, bringt doch nichts«, behauptete er darin. »Das System baut auf den Banken auf, es kann also von den Banken zerstört werden.« Im Internet-Netzwerk Facebook sammelten sich innerhalb weniger Tage mehr als 38 000 Anhänger des Plans, den die belgische Drehbuchautorin Géraldine Feuillien und der französische Filmemacher Yann Sarfati in einen offiziellen Aufruf verpackten. Auf der Internetseite www.bankrun2010.com erklärten sie, dass ein Umsturz den korrupten Finanz-Spekulanten den Garaus und den Weg frei für eine gerechtere Welt machen müsse. Eine Strategie, diese nach dem erhofften Banken-Crash wieder aufzubauen, fehlte allerdings. Französische Gewerkschaften nannten das Ziel lobenswert, doch die Methode verfehlt, die die Wirtschaft und damit Arbeitsplätze von Menschen gefährde, die keine Trader seien und auch keine so königliche Bezahlung erhielten wie Fußballstars.

Vertreter der Finanzbranche hatten im Vorfeld vor einer Destabilisierung gewarnt und an die Bürger appelliert, Cantonas Aufruf nicht zu folgen – auch aus Eigeninteresse. Große Summen Bargeld seien nicht nur für potenzielle Diebe interessant, sie erschwerten auch das Bezahlen von Strom, Miete oder Versicherungen, warnte Pierre Bocquet von der französischen Bankenvereinigung.

Auch die Politik verurteilte die Aktion als verantwortungslos. »Jeder soll sein Metier ausüben, nach seinen Kompetenzen«, so formulierte es die französische Wirtschaftsministerin Christine Lagarde. Wer herrlich Fußball spiele, solle besser dabei bleiben.

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