Philip Morris schlägt zurück
Tabakkonzern verklagt Regierung Uruguays
»Wer raucht, tötet!«, prangt in weißer Schrift auf schwarzem Grund, illustriert von dem schmerzverzerrten Gesicht einer Frühgeburt. Jedes Paket Zigaretten, das in Uruguay über die Ladentheke geht, zeigt solche Fotos, um die gesundheitsschädlichen Folgen von Tabak-Genuss drastisch zu illustrieren. Mindestens 80 Prozent der Schachtel müssen von den Bildern bedeckt sein, neben einem Totenkopf finden sich die Internetadresse einer Anti-RauchKampagne der Regierung und die Nummer einer Anti-Raucher-Hotline.
Es war Uruguays Ex-Staatspräsident, der studierte Arzt Tabaré Vázquez, der dem Tabakkonsum in seiner Amtszeit von 2005 bis 2010 den Kampf angesagt hatte. Im März 2008 war das »Anti-Tabak-Gesetz Nr. 18 256« in Kraft getreten, nachdem in dem Land mit 3,5 Millionen Einwohnern jährlich über 5000 Menschen an den Folgen des Rauchens sterben. Die Tabak-Steuer wurde spürbar angehoben, Zigarettenwerbung verbannt, Veranstaltungen dürfen nicht von Tabakunternehmen gesponsert werden. Am Arbeitsplatz, in Bars sowie allen geschlossenen öffentlichen Räumen ist der Zigarettenkonsum strengstens verboten. Geraucht wird zu Hause oder unter freiem Himmel.
Was bei Gesundheitsschützern das Herz höher schlagen lässt, sorgt bei der Tabakindustrie für Panik. Jetzt hat der weltweit größte Tabakkonzern Philip Morris (Jahresumsatz rund zehn Milliarden US-Dollar) vor dem Weltbank-Gericht »Internationales Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten« (ICSID) Klage gegen den uruguayischen Staat eingereicht. Für die entstandenen »wirtschaftlichen Schäden« verlangt er eine Entschädigung von zwei Milliarden US-Dollar. Gespräche mit der Regierung seien »ohne Erfolg« geblieben«, so Unternehmenssprecher Morgan Rees. Die Bilder auf den Schachteln seien »grotesk« und entsprächen nicht der Wirklichkeit. »Philip Morris will uns und andere einschüchtern«, urteilt stattdessen Vásquez. Dem Unternehmen gehe es nicht um Entschädigung, es wolle Nachahmer abschrecken.
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