Brasiliens Nachholbedarf beim Recht auf Bildung

Öffentliche Schulen sind massiv unterfinanziert

  • Lutz Taufer, Rio de Janeiro
  • Lesedauer: 2 Min.
Brasilien ist ein emporstrebendes Schwellenland. Die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte wie das Recht auf Bildung halten da oft nicht Schritt.
Bildungsprojekt Vida Activa
Bildungsprojekt Vida Activa

»Ich will Kinderärztin werden!« Cristina, eine schlaksige, 15-Jährige aus der Favela Palmeiras, schubst ihre Freundin Marcia. »Und ich möchte gerne helfen, die vielen Probleme, die wir hier haben, zu lösen. Ich will Sozialarbeiterin werden.« Henrique (16) meldet sich: »Ich möchte etwas sehen von der Welt. Ich will zur Marine.« Wir befinden uns an der Armutsperipherie der Megametropole Rio de Janeiro. In der Region Itaúna betreiben die brasilianische Basisorganisation CAMPO, der Weltfriedensdienst und unabhängige Gruppen aus acht Favelas das Projekt Vida Activa. Es soll das Schulbildungsniveau anheben und so nicht nur Wege in eine bessere berufliche Zukunft öffnen, sondern auch zur Stärkung der Zivilgesellschaft beitragen. Aber zwischen den Traumberufen und der Wirklichkeit klafft eine große Lücke. Auf ihrem Weg in eine gesicherte berufliche Zukunft sind die Heranwachsenden von Problemen umzingelt. Henriques Eltern wissen oft nicht, wie sie die Familie am nächsten Tag ernähren sollen. Sie halten es für reine Zeitverschwendung, wenn der Junge die Schulbank drückt. »Henrique soll besser in Bussen Süßigkeiten verkaufen«, sagt sein Vater. Für viele Eltern ist das Berufsziel ihrer Kinder erreicht, wenn sie im Supermarkt oder an der Tankstelle eine Anstellung für irgendeine Hilfstätigkeit bekommen. Damit ist ihnen allerdings in der Regel jede weitere berufliche und Einkommensentwicklung verbaut.

Die Arbeit zur Verwirklichung des Menschenrechts auf Bildung ist der schwierigste Teil des Projekts. Dabei hat die Regierung von Präsident Lula im Bildungsbereich eine Reihe von Türen geöffnet. Die CAMPO-Beraterin Viviane (35), Sozialarbeiterin, macht Hausbesuche, um die Eltern über die neuen Möglichkeiten aufzuklären und davon zu überzeugen, ihre Kinder bei der Ausbildung zu unterstützen. In den meisten der Kindergärten und Berufsbildungszentren der Projektregion wird ein schulisches und kulturelles Förderprogramm angeboten. Die Lehrkräfte werden in modernen, kreativitätsfördernden Methoden geschult. In den Zentren werden Kurse in EDV, Portugiesisch, Englisch und Mathematik angeboten. Aber CAMPO kann die öffentliche Schule nur ergänzen, nicht ersetzen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -