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Orbán präsentiert Ungarn als Vorreiter

Kritik an neuem Mediengesetz zurückgewiesen

  • Lesedauer: 2 Min.

Budapest (dpa/ND). Unter kritischen Blicken hat Ungarn am Sonnabend als Nachfolger Belgiens für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Zeitgleich trat das neue ungarische Mediengesetz in Kraft, das Presse und Rundfunk einer straffen Staatskontrolle unterwirft und von Kritikern als Instrument der Zensur verurteilt wird.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán präsentierte den Ratsvorsitz seines Landes als Vorteil für die EU, gerade in Krisenzeiten. »Die Ungarn sind (...) ein erprobtes und bewährtes Volk, das viele Krisen meistern konnte, weshalb ich Ihnen sagen kann, dass es eine gute Sache für Europa ist, in diesen Zeiten einen ungarischen Vorsitz zu haben«, sagte Orbán in einem Interview, das auf der Homepage des Europäischen Rats erschien. Der Premier bekräftigte, dass die Bewältigung der Euro-Krise, die Ostpartnerschaft, die Integration der westlichen Balkanstaaten sowie die Förderung der östlichen EU-Länder Prioritäten der ungarischen Ratspräsidentschaft sind.

Das neue Mediengesetz erweiterte die Befugnisse eines Aufsichtsamtes, dessen Mitglieder ausschließlich der nationalkonservativen Regierungspartei FIDESZ angehören. Hält diese Medienbehörde (NMHH) eine Berichterstattung für »politisch nicht ausgewogen«, drohen hohe Geldstrafen, die für manche Medien den Ruin bedeuten können. Alle ungarischen Oppositionsparteien wollen gegen das Gesetz klagen.

Die deutsche Bundesregierung, aber auch die Regierungen in Prag und Luxemburg, Menschenrechtsorganisationen und Fachverbände kritisieren das Gesetz. Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnte Ungarn, die EU-Normen einzuhalten. Die Bundesregierung erwarte, dass Ungarn das Gesetz überarbeitet, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer (FDP). Sozialdemokraten und Liberale im Europäischen Parlament brachten die Idee ins Spiel, Ungarn notfalls die Ratspräsidentschaft zu entziehen, sollte das Gesetz nicht entschärft werden.

Orbán wies alle Vorwürfe zurück. Er nannte es »bedauerlich«, dass die Kritik »nur Befürchtungen und Drohungen« enthalte. Entsprechende Gesetze gebe es auch in anderen EU-Staaten. Orbáns Sprecherin sagte, die Kritik beruhe auf »Missverständnissen«.

Indessen hat die Medienbehörde NMHH die Erweiterung ihrer Befugnisse gleich am ersten Tag genutzt, um ein Verfahren gegen den Budapester Privatsender Tilos Radio einzuleiten. Das Aufsichtsamt beanstandete am Sonnabend, dass der Sender den angeblich jugendgefährdenden Song »It's on« des US-amerikanischen Rappers Ice-T gesendet hat. Die sozialistische Oppositionspartei MSZP nahm den Sender in Schutz. Ob und wie Tilos Radio bestraft wird, war zunächst unklar.

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