Aus wenig Geld das Beste machen
Finanzen – Teil 21 - Für Häuslebauer: Wohn-Riestern nur selten Alternative zur normalen Altersvorsorge
Das jüngste Kind der Riester-Familie hilft nicht beim Sparen für die Rente. Erst seit 2008 und zähen politischen Diskussionen gibt es – zur Freude der Baulobby – neben der betrieblichen und der privaten Altersvorsorge auch noch den Wohn-Riester. Wer für den Bau oder den Kauf einer selbst genutzten Immobilie ein Darlehen aufnimmt, kann bereits beim Abtragen seiner Schulden von der staatlichen Riester-Förderung profitieren.
Für die private Altersvorsorge ist der Wohn-Riester also eigentlich nichts. Doch immerhin dürften Riester-Darlehen im Regelfall günstiger sein als ungeförderte normale Baudarlehen. Trotz der späteren, nachgelagerten Besteuerung zahlt sich die staatliche Riester-Förderung für einen Baukredit aus. Häuslebauer können mehrere tausend Euro sparen.
Besonders profitieren Familien. Ist nur ein Ehegatte unmittelbar förderberechtigt, besteht für den anderen eine mittelbare Förderberechtigung. Daher kann sich auch die »Hausfrau« über Wohn-Riester freuen.
Eine Beispielsrechnung
Finanzexperte Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale Bremen hat für uns noch einmal ganz genau nachgerechnet. Das Beispiel ist ein zwar gut verdienendes, 40 Jahre altes Ehepaar. Doch grundsätzlich gilt das Beispiel unabhängig von der Höhe der konkreten Summen.
Das Paar hat keine Kinder, beide verfügen über ein Einkommen von mehr als 52 500 Euro im Jahr und sind für Riester förderberechtigt. Unser Paar kauft ein schönes Einfamilienhaus und zahlt dafür inklusive der Nebenkosten 330 000 Euro. 110 000 Euro davon können aus dem Eigenkapital abgedeckt werden, so dass ein Darlehen von 220 000 Euro aufgenommen werden muss. Ihren Baukredit wollen die 40-jährigen spätestens mit dem Erreichen des 65. Lebensjahres getilgt haben.
Das Spiel mit den Zinsen
Das Ehepaar muss für ein ungefördertes Darlehen einschließlich Gebühren beispielsweise rund fünf Prozent effektiv zahlen. Der Zinssatz wird für zwanzig Jahre festgeschrieben. Unterstellt man etwas vereinfacht, dass der Zinssatz nach Ende der Zinsfestschreibung gleich bleibt, so ergäbe sich folgendes Bild: mit 300 Monatsraten zu je 1261 Euro wäre das Darlehen exakt nach 25 Jahren vollständig getilgt.
Den gleichen Zinssatz kann das Ehepaar aber auch für zwei(!) Wohn-Riester-Darlehen von jeweils 110 000 Euro erhalten. In diesem Fall können die Eheleute zwei Riester-Grundzulagen von jeweils 154 Euro pro Jahr kassieren. Obendrein können sie Steuern sparen, und müssen bei ihrem hohen Einkommen jährlich 1553 Euro weniger an den Fiskus überweisen.
Da das Bank-Angebot dem Ehepaar pro Darlehen und Jahr Sondertilgungen von 2100 Euro ermöglicht, können die Steuerersparnisse und die staatlichen Grundzulagen in eine zusätzliche Tilgung des Darlehens fließen. Auch in diesem Riester-Fall zahlt das Ehepaar monatliche Raten von zusammen 1261 Euro. Zusätzlich werden die Staatszulagen und die Steuerersparnisse jeweils am 30. Juni zur Kredittilgung eingezahlt.
Im Ergebnis wäre mit Wohn-Riester der Kredit nicht erst nach 25 Jahren, sondern schon nach 20 Jahren und sechs Monaten getilgt!
Wohn-Riester zahlt sich also bei der Schuldentilgung aus. Unser Beispielehepaar würde insgesamt 54 Kreditraten sparen. Die beiden könnten diese ersparten Raten plus die fortlaufende staatliche Förderung auf einem Konto mit, sagen wir, 3,5 Prozent Zinsen anlegen.
Im Alter von 65 Jahren würde das Ehepaar dann eine abbezahlte Immobilie besitzen und könnte obendrein über ein Guthaben von 75 700 Euro verfügen.
Der Haken: die Steuern
So weit, so gut. Doch hier reden wir zunächst nur über »brutto«. Auch Wohn-Riester hat nämlich einen Haken. Dem beschriebenen Vorteil steht am Ende ein »Wohnförderkonto« gegenüber. Und der dort notierte Betrag ist steuerpflichtig.
Unser Beispielehepaar hätte also im Riester-Fall einen Betrag von rund 122 000 Euro zu versteuern. Nicht allein auf den ersten Blick ein gewaltiger Betrag, aber unser Paar könnte die so genannte Rabattregel wählen. Dann sind nur 70 Prozent zu versteuern.
Es bleiben also 85 700 Euro übrig, für die Steuern bezahlt werden müssen. Von dieser Summe sind 44,3 Prozent Steuern und Soli an das Finanzamt abzuführen: 37 835 Euro. Doch diesen Betrag kann das Ehepaar aus dem angesparten Guthaben bezahlen. Siehe oben.
Unter dem Strich verbliebe unserem Ehepaar durch Wohn-Riester dann ein Plus von 37 900 Euro gegenüber dem ungeförderten Baukredit.
Fazit: klarer Vorteil für die staatliche Förderung.
Dieses durchaus typische Beispiel zeigt uns jedoch auch etwas anderes. Es zeigt, wie kompliziert die private Altersvorsorge ist.
Tipp:
Es lohnt sich also für Sie, von mehreren Seiten Rat einzuholen. Unsere ND-Serie kann nur einen Überblick der Möglichkeiten vermitteln.
Sollten Sie keine Bauabsicht haben, empfehle ich »normale« betriebliche oder private Riesterverträge. Dies gilt erst recht bei niedrigeren Einkommen.
Doch auch mit einem Wohn-Riester müssen sie nicht zwingend bauen. Sie können auch das angesparte Kapital aus dem Vertrag entnehmen, ohne eine Immobilie zu erwerben. Das ist allerdings ein schlechtes Geschäft: Die volle Förderung gibt es nur, wenn sie das Riester-Kapital für den Bau oder Kauf einer selbst genutzten Immobilie oder für Genossenschaftsanteile verwenden. Selbst für die Renovierung einer Immobilie muss die gewährte steuerliche Förderung zurückgezahlt werden.
Und es gibt noch einen Haken: Wer seine Wohn-Riester-geförderte Immobilie verkauft, kann die Fördersumme nur innerhalb eines Jahres entweder in einem neuen Riester-Vertrag anlegen oder innerhalb von vier Jahren wieder in eine selbst bewohnte Immobilie investieren. Andernfalls muss das in der Immobilie gebundene, steuerlich geförderte Kapital versteuert werden.
Den Ratgeber »Private Altersvorsorge« der Stiftung Warentest erhalten Sie im Buchhandel. Leicht verständlich stellen die Autoren die gesetzliche Rente ebenso vor wie staatliche Hilfen für die private Altersvorsorge. Die Experten warnen vor gefährlichen Fallen, die im Dschungel der Finanzmärkte lauern.
HERMANNUS PFEIFFER
Infos: Stiftung Warentest, Private Altersvorsorge, sechste komplett überarbeitete Auflage, 240 Seiten, Berlin 2010, 16,90 Euro
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